Rachsucht
Von Computersimulationen hält "The Punisher" denkbar wenig. Wenn der wohl kontroverseste Held des Marvel-Universums seinen Racheakt auf Zelluloid verlegt, dann wird Wert auf traditionelles Handwerk gelegt: Cop- und Action-Kino der 70er und 80er-Jahre, Film Noir und Westernelemente. Dies passt zum grimmigen Tenor der Geschichte, einer Spirale an Racheakten und Selbstjustiz. Der ursprüngliche "Spider-Man"-Nebencharakter entwickelte sich zu einer der beliebtesten Marvel-Figuren. Nach dem gnadenlosen Massaker an seiner gesamten Familie holt FBI-Agent Frank (Thomas Jane) mit besessener Präzision zum Vergeltungsschlag gegen Unterweltboss Saint (etwas farblos: John Travolta) aus. Einzig die Rache hält ihn am Leben. Frank ist verbittert, zuweilen pathetisch, wenn er sich dem Suff und seiner Verzweiflung hingibt oder sich an das T-Shirt seines Sohnes klammert. In erster Linie jedoch geht der Held der mit roher Gewalt durchdrängten Verfilmung zielstrebig vor.
Auch in der Gegenüberstellung mit Muskelberg "The Russian" (Kevin Nash) zeigt sich dieser unerbittliche Ansatz, der jedoch auch mit ungeheuer trockenem Humor gespickt ist...
Nicole Albiez
THE PUNISHER
USA 2004. Regie: Jonathan Hensleigh.
Mit Tom Jane, John Travolta, Will Patton, Roy Scheider, Laura Harring, Ben
Foster, Rebecca Romijn-Stamos u.a.
Verleih: Columbia TriSTar. 124 Min.
Straßenpunk
Sie nennen sich "Die Goldenen Zitronen" - und sie sind auf Tour mit einem schizophrenen schwarzen Rockmusiker, der die Dämonen in seinem Kopf einzig mit seinen täglichen Auftritten bekämpfen kann. Regisseur Jörg Siepmann erzählt in seinem Dokumentarfilm "Golden Lemons" die Geschichte jener gleichnamigen deutschen Punkband, die den Rocker Wesley auf seiner Tour durch die Vereinigten Staaten als Vorband begleitet. Dabei handelt es sich um ein dokumentarisches Roadmovie, das neben den Musikern den monotonen Touralltag zum Inhalt hat: stundenlange Fahrten durch die amerikanische Provinz, Stopps an drittklassigen Autobahnrestaurants und Begegnungen mit schrägen Wanderpredigern, die den öden Touralltag mitunter abwechslungsreich gestalten.
Da der Regisseur bei seinem Portrait gänzlich auf einen dramaturgischen Spannungsbogen verzichtet und einzig alleine seine Kamera sprechen lässt, ist der Streifen somit nur für echte Fans der der Goldenen Zitronen sehenswert.
Sandra Wobrazek
Golden Lemons
D 2002. Regie Jörg Siepmann.
Mit Schorsch Kamerun, Ted Gaier,
Enno Palluca, Wesley Willis u.a.
Bleifuß
Die Girls sind vorzugsweise blond, langbeinig - und im Zweifelsfall lesbisch. Die Boys rasen mit selbstgetunten Boliden bei illegalen Autorennen gegen einander und gleich veranlagte Rennbräute. Mittendrin der Oberraser, Womanizer und Schönling Cosmo (Sebastian Ströbel) der mit der rauschaligen Mia ("Berlin, Berlin"-Star Felicitas Woll) nicht nur um Tickets für die Rallye Paris-Dakar kämpft. Der Intelligenzfaktor des Drehbuchs deckt sich mit der Sprachsubtilität, die schon im Filmtitel "Abgefahren - Mit Vollgas in die Liebe" gemordet scheint. Trotz Gedröhn und Aneinanderreihen von Actionklischees hat Regisseur Jakob Schäuffelen (TV-Serie "Edel & Stark") aber ein dermaßen flottes Movie inszeniert, dass die Plattitüden von Handlung und Sprüchen im Nu vergessen sind. Dazu kommen schauspielerische Zwischentöne, die vor allem Sebastian Ströbel scharf ausspielt: Blickmomente, die Zuschauerinnenherzen mächtig anturnen dürften. Seichte Sommerkost. Aber wirklich spritzig. Otto Friedrich
Abgefahren - Mit Vollgas in die Liebe
D 2004. Regie: Jakob Schäuffelen.
Mit Felicitas Woll, Sebastian Ströbel.
Verleih: Constantin. 89 Min.
Seifenkino
Daily Soaps wie "Unter Uns" oder "Marienhof" lieferten die Darsteller der Boy-meets-Girl-Komödie, das Erstlingswerk von Regisseur Simon X. Rost. Ein wenig Anleihen bei der guten alten "Feuerzangenbowle" (Popstar schleicht sich zurück in eine Schulklasse); Schüchterner erringt eine biedere Querflötistin - trotz inferiorer Ratschläge eines angeblichen Frauenhelden. Harmlos klamaukig. Otto Friedrich
BESSER ALS SCHULE. D 2003. Regie: Simon X. Rost. Mit Eric Benz, Gabriel Andrade, Melanie Wichterich. Verleih: Constantin. 94 Min.
