Nichts als Minister
Rubén arbeitet als Leibwächter. „El Custodio“ erzählt seine Geschichte: Er hat dem Minister auf Schritt und Tritt zu folgen, soll sich aber möglichst dezent im Hintergrund halten, unbemerkt bleiben, wie ein Möbelstück. Rubén ist da, wenn sich der Minister mit seinen Kollegen amüsiert, im Fernsehen auftritt oder seine Geliebte trifft. Tagtäglich wird ihm vor Augen geführt, wie sich die Mächtigen nehmen, was sie wollen. Er selbst dagegen hat weder eigene Familie noch ein sonst irgendwie ausgefülltes Leben. Ständig den Alltag des Ministers mitverfolgen zu müssen, wird für Rubén immer unerträglicher. Auf dramaturgisch gekonnt inszenierte Weise baut sich in ihm eine stetig steigende Aggressivität auf. Die Perspektive des unbeteiligten Leibwächters wird durch den oft durch Fenster oder Türen eingeschränkten Kamerablick deutlich, so dass man auch als Zuseher den Blick des Beobachters einnimmt. Ein großartiger Film über die Ungleichheiten in der Gesellschaft, über die Unterschiede zwischen jenen, die die Fäden selbst in der Hand halten, und denjenigen, deren Leben fremdbestimmt ist. Ernst Pohn
EL CUSTODIO – Der Schatten
ARG 2006. Regie: Rodrigo Moreno. Mit Julio Chávez, Osmar Nunez. Verleih: Cinematograph. 93 Min.
Nichts als Horror
Sie ist bildschön, hochbegabt, spielt Geige wie eine Halbgöttin – und sie ist seit ihrer Kindheit blind. Doch nun steht Sydney (Jessica Alba) eine Operation bevor, die ihr das Augenlicht wiederschenkt: Zum ersten Mal seit ihrer Kindheit kann sie sich selbst im Spiegel sehen, einen Sonnenaufgang. Doch immer wieder kommen ihr düstere Gestalten unter, die sonst niemand zu sehen scheint, und unglückliche, halbverstümmelte Menschen flehen nur sie um Hilfe an, und immer wieder sieht sie ein kleines Mädchen in den Flammen sterben. Sydneys behandelnder Arzt glaubt an eine psychische Störung, doch die Visionen werden intensiver und drängender. Schließlich gehen Sydney und der Arzt gemeinsam auf die Suche nach der Organspenderin – und entdecken ein grausames Vermächtnis. Was wie ein platter, unorigineller Horrorstreifen klingt, ist leider genau das: „The Eye“ basiert auf einem erfolgreichen chinesischen Vorgänger, der ins Amerikanische transponiert wurde. Magdalena Miedl
THE EYE
USA 2008. Regie: David Moreau, Xavier Palud. Mit Jessica Alba, Alessandro Nivola, Verleih: Einhorn. 91 MIn.
Hinweis
Die Kritik zu Steve Buscemis „Interview“ ist bereits in der letztwöchigen Furche zu finden.
Nichts als Familie
Stefano (Valerio Mastandrea) hat es geschafft, er ist raus aus dem Heimatkaff, nach Rom, hat seine eigene Band, ist Punkrocker und auf dem besten Weg, berühmt zu werden. Doch dann platzt der Traum von der eigenen CD, die Freundin betrügt ihn, und er stellt fest: Er ist Mitte 30 und hat eigentlich doch nichts geschafft. In solchen Momenten ist es auch in Gianni Zanasis Komödie „Nicht dran denken“ schön, nach Hause fahren zu können – also packt Stefano seine Gitarre und drei T-Shirts in sein rostiges Auto und fährt aufs Land. Daheim wird er auch mit offenen Armen empfangen, der verlorene Sohn, der sich seit Jahren kaum blicken hat lassen. Doch nicht alles ist eitel Wonne: Papa ist nach einem Herzinfarkt aus der eigenen Firma in den Ruhestand ausgeschieden, Mama versucht in der Esoterik Orientierung zu finden. Die Schwester hat ihr Studium für einen Job im Delphinarium geschmissen. Und der Bruder ist geschieden – und treibt in seinem Kummer die familieneigene Kirschkonservenfabrik in den Ruin. Als dann zur allgemeinen Misere noch eine ganze Reihe an Enthüllungen kommt, würde Stefano, der Berufsjugendliche, am liebsten gleich wieder flüchten. Doch offensichtlich ist hier seine Hilfe gefragt … „Ein Versuchslabor unglaublicher und ungezügelter Verrücktheiten“ nennt Regisseur Zanasi seine Filmfamilie, und tatsächlich sind die Figuren und Situationen ebenso absurd wie dreidimensional: ein kluger kleiner Film mit durchdachten Bildern und einer Geschichte, bei der eigentlich kaum etwas und doch so viel passiert. Magdalena Miedl
NICHT DRAN DENKEN – Non pensarci
I 2007. Regie: Gianni Zanasi. Mit Valerio Mastandrea, Anita Caprioli. Verleih: Filmladen. 104 Min.
Nichts als ein Pferd
Ein Pferdemädchenmärchen ist bei „Rettet Trigger!“ nicht mehr auf der grünen Heide angesiedelt, sondern in schmutzigem Vorstadtambiente: in zu engen Wohnverhältnissen und neben einem ins Altersheim abzuschiebenden Großvater. Bei Gewichtsproblemen und Lügenkonstrukten von Elfjährigen und Versicherungsbetrug. Mitten in Alises Alltag platzt Trigger, ein eigenwilliger Rassehengst, auf den der Schlachtschussapparat wartet: Zwei Tage bleiben dem Mädchen, um das Tier zu retten. Zum Glück findet sie im Pferdeflüsterer-Großvater tatkräftige Unterstützung.Nicht nur Mafia-Reitsportler sind hinter Trigger her, sondern auch – im melodramatischen Showdown – eine U-Bahn. Themen wie Überwindung von Angst, Freundschaft,/und besonders der Tod. Lindgrens „Die Brüder Löwenherz“ und Hallströms „Mein Leben als Hund“ – werden diskutiert, pädagogisch also wertvoll. Was beim Märchen in realistischem Ambiente vom Mitfiebern abhält? Die zögerliche Figurenzeichnung und der übertriebene Hang zu Melodramatik. Nicole Albiez
RETTET TRIGGER! – Trigger
N 2006. Regie: Gunnar Vikene.
Mit Ann-Kristin Sømme, Sven Wollter. Verleih: Filmladen. 78 Min.
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