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Verflucht

Der aktuelle Boom an "true based stories" hat bereits solche Ausmaße angenommen, dass ihn selbst die Horrorfilm-Industrie gerne einsetzt, um ins Kino zu locken. Im Fall der Literaturverfilmung Der Fluch der Betsy Bell ist hingegen die Frage, ob die Geschichte eines von Dämonen verfolgten Mädchens nun tatsächlich das Leben geschrieben hat, angesichts der schwachen Inszenierung nur rhetorisch. Statt dem Publikum das Gruseln zu lehren, quält Regisseur Courtney Solomon dieses mit hanebüchenen Versatzstücken à la Der Exorzist oder Poltergeist. Einzig die stringente Kameraästhetik und die monochrome Bildsprache verhindern, dass man sich vollends auf einem Endlosschleifen-Ritt durch die gesamte Spuk-Folklore wähnt. Der einzig wirklich überraschende Moment des Films - ein Plottwist am Ende - bleibt darum nur den durchhaltestärksten Zuschauern vorbehalten. Will man also wirklich wissen, was es mit dem Fluch auf sich hat, der der Legende nach anno 1817 über der Familie Bell schwebte, sollte man lieber zu Brent Monahans Roman The Bell Witch: An American Haunting greifen. Jürgen Belko

DER FLUCH DER BETSY BELL

The Bell Witch - An American Haunting

USA/CAN 2005. Regie: Courtney Solomon. Mit Donald Sutherland, Sissy Spacek. Verleih: Einhorn. 94 Min.

Verfolgt

Mitten in der Wildnis werden harmlose Wanderer in eine Auseinandersetzung zwischen dem FBI und Berufskillern hineingezogen. Dabei wartet der Thriller Contract mit einer Starbesetzung auf: John Cusack spielt einen Ex-Polizisten, der sich beim Wandern mit seinem problembeladenen Sohn aussprechen will, Morgan Freeman einen Profi-Killer mit der Aura eines Vorstandsvorsitzenden. Oscar-Preisträger Bruce Beresford (Miss Daisy und ihr Chauffeur) besticht durch Spannung und trockenen Humor, ohne psychologisch sehr in die Tiefe zu gehen. Der Vater-Sohn-Konflikt ist zwar typisch gezeichnet, die Figur des Killers Frank hebt sich aber von gewohnten Darstellungen ab: weder ein menschliches Wrack, noch ein eiskalter Bösewicht, sondern ein hoch professioneller Unternehmer mit humanen Zügen. Zwar wird der "bad guy" am Ende nicht unbedingt zum "good guy", zumindest aber unterscheidet er sich in nichts von den Vertretern der US-Bundesbehörden, die genauso über Leichen gehen wie ihr krimineller Widerpart. Michael Kraßnitzer

CONTRACT

USA/D 2006. Regie: Bruce Beresford. Mit John Cusack, Morgan Freeman. Verleih: 3L. 96 Min.

Unbekannter Soldat

Die Kritik zum Film Der unbekannte Soldat sowie ein Interview mit Regisseur Michael Verhoven finden Sie auf Seite 7 dieser Furche.

Verängstigt

David ist ein zutiefst schüchterner Mann. Doch seit er in Paris ist, scheint sich für den Hornisten alles zum Guten zu wenden. Seine Mitbewohnerin entpuppt sich als lebenslustige Gesprächspartnerin und seine Schülerin Julia erwidert die zaghaften Avancen ihres Hornlehrers. An einem Wochenende am Meer will er ihr seine Liebe gestehen. Doch dann verliebt sie sich Hals über Kopf in den verwegene Gastronom Julien. Emannuel Mouret, Hauptdarsteller, Regisseur und Drehbuchautor in Personalunion, lässt seine schablonenhaften Charaktere über die Themen wie Liebe und Eifersucht tänzeln. Der Gefahr, sich selbst übertrieben zu inszenieren, entgeht er nicht. Somit wird der Allrounder zur einzigen Dissonanz in einer sonst virtuosen Filmkomposition mit einem ungewöhnlichen, ausschließlich vom Horn getragenen Soundtrack. Thomas Gratzer

Changement d'Adresse

F 2006. Regie: Emannuel Mouret. Mit Emannuel Mouret, Frédérique Bel, Fanny Valente, Verleih: Cinestar. 85 min.

Verrucht

Zornig, dreckig, laut, schnell: Der amerikanische Hardcore-Punk der frühen Achtziger war nichts für sanfte Gemüter. Bands wie "Black Flag" oder "Minor Threat" waren das lärmende Sprachrohr junger Unangepasster während der konservativen Reagan-Ära. Der Dokumentarfilm American Hardcore erzählt die Geschichte jener brachialen Musik, gegen die sich der klassische Punk der "Sex Pistols" oder "The Clash" wie gemütliche Tanzmusik anhört. Inspiriert durch das Buch von Steven Blush hat Paul Rachman im Laufe von fünf Jahren mehr als hundert Interviews mit Musikern, Fans und Beobachtern geführt. Viele der Protagonisten haben sich ihre Wut und ihre Kompromisslosigkeit bewahrt. Das Videomaterial der Konzertmitschnitte hat auch im Lauf der Zeit gelitten, der Film wird so dem Geist des Hardcore-Punk durchaus gerecht. Michael Kraßnitzer

AMERICAN HARDCORE

USA 2006. Regie: Paul Rachmann. Verleih: Top. 100 Min.

Verzweifelt

Zwei Frauen haben einen Mann geliebt. Die eine, die Ehefrau, wusste nichts von der anderen, der Geliebten. Dann stirbt der Mann bei einem Unfall. Jahre später kommt ein Brief, Geheimnisse brechen auf- und plötzlich ist die Trauer schwerer als zuvor. Ludwig Wüst erzählt in Zwei Frauen die tragische Geschichte einer Frau, die die Untreue ihres Mannes entdeckt, und die ebenso auswegslose Geschichte einer Frau, die einen verheirateten Mann liebt. Eine mittelbare Erzählung: Nachrichten auf dem Anrufbeantworter, Telefonate, Videos, Fotos: Erinnerungen an eine Liebe, die verborgen bleiben musste. Die Abwesenheit der Liebe ist durch ihre Hinterlassenschaften noch deutlicher. Obwohl letztlich nur ein Tag im Leben einer Frau gezeigt wird, spürt man die Schwere von Verlust und Schmerz, untermalt von Liedern von Clara und Robert Schumann. Die eine gibt auf. Die andere befreit sich. Jeder Schmerz hat ein Ende. Magdalena Miedl

Zwei Frauen

Ö 2006. Regie: Ludwig Wüst. Mit Sabine Haupt, Gina Matiello. Verl.: Top. 57 min.

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