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Das Prinzip Buntheit

Pepperminta (Ewelina Guzik), die anarchistische Heldin des gleichnamigen Abenteuers der Videokünstlerin Pipilotti Rist (die nicht nur namentlich ein Naheverhältnis zu Astrid Lindgrens Pippilotta Pfefferminza Langstrumpf hat), möchte die Welt mittels Farben retten. Als unerschrockene Mitstreiter erwählt sie sich den behäbigen Werwen (Sven Pippig) und die schöne Edna (Sabine Timoteo). Pippis erwachsene, aber nach wie vor ungebändigte Schwester pflegt Freundschaften mit Farben, ihre Haustiere sind Erdbeeren. Das „Prinzip Buntheit“ ist ihr Passion und Mission zugleich – es gilt, dieses unter die Leute zu bringen, die sie von ihren nutzlosen Ängsten befreien möchte. Nach dem Auftauchen der Bande bleibt auf wundersame Weise kein Stein mehr auf dem anderen: Autoritäre Menschen sollen „farbhypnotisiert“ werden – für eine neue Weltordnung mit Farborgasmen. In Peppermintas Kosmos ist das Gute vom Bösen scharf geschieden, auch die kindische Art, sich alles erlauben zu wollen, wirkt streckenweise sehr bemüht. Und trotzdem: So viel Frechheit muss manchmal sein (wir ahnen ohnedies, dass die Utopie Frieden schreiend färbig ist). (Rudolf Preyer)

Pepperminta

CH/A 2009. Regie: Pipilotti Rist. Mit Ewelina Guzik, Sabine Timoteo, Sven Pippig.

Verleih: Poool. 80 Min.

Wo der Witz einfach fehlt

In der Liebe kommt es nur darauf an, wo auf einer Skala von eins bis zehn man angesiedelt ist; ist man nur Durchschnitt, eine Fünf oder Sechs, wie kann es dann sein, dass eine eindeutige Zehn Interesse hegt? – Mit einem nennenswerten Ego ist Kirk nicht gesegnet, die Denkweise seiner Freunde tut das Ihre dazu. Das Umfeld des Flughafen-Sicherheitsbeamten ist fassungslos, als Molly – „hübsch, erfolgreich“, einfach eine Nummer zu groß für ihn – sich in ihn verliebt. Boy meets girl auf „American Pie“-Niveau mit dem Lehrauftrag, „worauf es wirklich ankommt“. Die Geschichte ist vorhersehbar, also müssen die Nebenschauplätze – etwa Kirks Unterschichtenfamilie – und Gags von der nicht anspruchsvollen Sorte herhalten. Und da kann Jay Baruchel als Protagonist Kirk noch so sehr dagegen anspielen und mit Nate Torrence als Freund Devon Dialogzeilen austauschen: Von einer Zehn ist diese Komödie meilenweit entfernt. (Nicole Albiez)

Zu scharf um wahr zu sein (She’s Out of My League)

USA 2009. Regie: Jim Field Smith. Mit Jay Baruchel, Alice Eve.

Verleih: Universal. 104 Min.

Bilderschwall einer Film-Siesta

Giuseppe Tornatore („Cinema Paradiso“) ist ein Kitsch-Meister, das war spätestens bei „Malèna“ klar, und mit „Baarìa“, seinem neuesten Film, hat er endgültig ein stilisiertes, klischeebeladenes Bild seiner Heimat Italien zementiert. In jeder Einstellung preist er Italien, vom gemütlichen sizilianischen Dorfleben mit herumsitzenden Schnurrbart-Männern, vom Pastateig-Formen durch die zarten Hände einer blumenbeschürzten Maid, von weiß gekleideten Kindern, die auf den staubigen Straßen Siziliens spielen und wie eine Engelsschar inszeniert sind, bis zur Ausformung der uritalienischen Eigenschaften temperamente, emozione, amore – für alles hat Tornatore starke Bilder. Und reiht sie aneinander, indem er die Geschichte des kleinen Peppino erzählt, der im kleinen Dorf in Sizilien groß wird. Er erlebt den Kult um den Duce mit, aber auch das Kriegsende mit den fallenden Alliiertenbomben und das Wiedererwachen einer Nation, in der er sich schnell auf die Seite der Kommunisten schlägt. Italiens (Nachkriegs-)Geschichte in einem Bilderschwall als sandfarbene, sonnenlichtgeflutete Film-Siesta.

„Baarìa“ ist ob all der Klischees eine herbe Enttäuschung. Andererseits: Weil der Film auch als Komödie gemeint ist und ein bisschen wie eine Seifenoper wirkt, scheint er dadurch vielleicht näher an der italienischen Realität als gewollt. (Matthias Greuling)

Baarìa. Eine italienische Familiengeschichte

I 2009. Regie: Giuseppe Tornatore. Mit Francesco Scianna, Angela Molina, Margareth Madè. Verleih: Tobis. 150 Min.

Legionärer Müll

Für das Prädikat „Schlechtester Film des Jahres“ hätte „Legion“ beste Chancen. Eine völlig abstruse Story, sinnentleerte Gewaltszenen und nicht vorhandene schauspielerische Leistungen ergeben einen gänzlich verzichtbaren Unfilm. Der Inhalt: Gott verliert den Glauben an die Menschheit und schickt ein Heer von Engeln, um die Apokalypse einzuleiten. Bleibt das Fazit: Auf diese Art und Weise möchte man die an sich nicht schlechte Filmidee auf keinen Fall umgesetzt sehen. (Rudolf Preyer)

Legion

USA 2010. Regie: Scott Stewart.

Mit Paul Bettany, Dennis Quaid.

Verleih: Sony. 90 Min.

Lars von Triers Alter Ego

Regiemeister Lars von Trier schrieb das Drehbuch zu seinem neuen Film „Die jungen Jahre des Erik Nietzsche“ selbst. Er handelt von den jungen Jahren eines Regisseurs an der dänischen Filmhochschule. In der Tat kann man sich den schüchternen Außenseiter Erik Nietzsche sehr gut als Alter Ego von Triers vorstellen. Zurückhaltend, unerfahren, aber mit brodelnder innerer Auflehnungsbereitschaft.

Etwas überrascht erfährt man, dass dieser junge Mann während seiner Filmschulzeit offensichtlich nur durchschnittlich begabt war und sogar fast von der Schule geflogen wäre. Von Trier zieht im Drehbuch die Institution der Filmhochschule kräftig durch den Kakao, macht sich über die Unfähigkeit der Vortragenden lustig und beschreibt des Weiteren die ersten, ungeschickten Erfahrungen des jungen Mannes mit dem weiblichen Geschlecht. Die provokative Handschrift eigener Lars-von-Trier-Filme ist aber in keiner Weise vorhanden. Regie führte Kollege Jacob Thuesen, der sich auf eine konventionelle Inszenierung beschränkte. So bleibt der Film ein satirisch-unterhaltsames, jedoch harmloses Porträt eines jungen Künstlers, der sich vom naiven Greenhorn zum hart kalkulierenden Nachwuchsregisseur entwickelt. (Rudolf Preyer)

Die jungen Jahre des Erik Nietzsche (De unge år: Erik Nietzsche sagaen del 1)

DK/S/A/I 2007. Regie: Jacob Thuesen.

Mit Jonatan Spang. Verleih: Filmladen. 90 Min.

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