Für das freie Wort

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Seit genau 20 Jahren kämpft "Reporter ohne Grenzen" weltweit um die Pressefreiheit.

Die Zwischenbilanz zum 20. Jahrestag ihres Bestehens könnte wohl kaum pessimistischer ausfallen: die Menschenrechtsorganisation "Reporter ohne Grenzen" (rog bzw. rsf) hat in ihrem kürzlich vorgelegten letzten Jahresbericht das Jahr 2004 zum "Jahr der Trauer" ausgerufen. 53 Journalisten fanden vergangenes Jahr den Tod - die höchste Zahl seit 1995. Wesentlich verantwortlich dafür ist nach Angaben von rog der Irak: Hier starben vergangenes Jahr 31 Medienmitarbeiter. Mindestens weitere zwölf wurden entführt. Doch auch anderswo - etwa auf den Philippinen oder in Bangla desch - mussten Journalisten sterben, vorwiegend, weil sie der Regierung im Weg waren.

Subtile Bedrohung

20 Jahre nach der Gründung von "Reporters sans frontières" mit Sitz in Paris ist die Bedrohung der Pressefreiheit also aktueller denn je - allerdings haben sich seit 1985 die Akzente verschoben. "Die Bedrohung findet heute auf materieller und immaterieller Ebene statt", sagt Franz C. Bauer, Journalistengewerkschafter und Vizepräsident der Österreich-Sektion von rog. Mit anderen Worten: die Gefahr wird subtiler. Statt "körperlichem Druck", wie Inhaftierung oder Folterung, dem Journalisten in der Sowjetunion ausgesetzt waren, würden nun etwa postkommunistische Länder wie Usbekistan Formen der Zensur oder Desinformation praktizieren. Jüngst äußerte rog auch Kritik an der Ukraine, die ein Dekret zur staatlichen Registrierung aller neuen Internetseiten erlassen hat.

Ihren Kampf um die Pressefreiheit führt rog nicht nur über die öffentliche Meinung: die Organisation unterstützt auch rechtlich Opfer von Übergriffen und bietet finanzielle Hilfe für ihre Familien.

Fragwürdige Geldquellen

Doch bei all den Verdiensten von rog sind in letzter Zeit Zweifel an der völligen Unabhängigkeit der Organisation laut geworden. Vergangenen März berichtete der us-Journalistenverband "The Newspaper Guild" darüber, dass rog von der us-Organisation "National Endowment for Democracy" (ned) finanziell unterstützt werde. Ein nicht unproblematischer Fall, untersteht ned doch dem us-Außenministerium. Prompt folgten Berichte über die einseitige Behandlung der usa in den Berichten von rog, was etwa die Verantwortung der us-Armee für Todesfälle von Journalisten im Irak betrifft. Auch von der französischen Regierung fließen Gelder an rog, und auch hier habe sich die Organisation angeblich beeinflussen lassen.

"Ich beobachte keinen Druck und kann auch an den Publikationen keine Beeinflussung erkennen", meint Bauer dazu. Es seien ja ausschließlich unabhängige Journalisten bei rog aktiv; dass sich diese bestechen lassen würden, könne er sich nicht vorstellen. Dass es allerdings Versuche verschiedener Seiten in diese Richtung geben könnte, hält der Journalistengewerkschafter für durchaus möglich. "Versuche der Beeinflussung durch Sponsoren und Inserenten sind ja ein Problem, mit dem wir als Journalisten ständig leben", gibt er zu bedenken.

Ob es nun zu Einseitigkeiten in der Berichterstattung von rog kam oder nicht: wirklich gut kommen im letzten Jahresbericht auch die usa nicht weg. So scheinen etwa Fälle von Journalisten auf, die bei Gerichtsverfahren ihre Informationsquellen nicht preisgeben wollten und deswegen zu Haftstrafen verurteilt wurden - wie im Fall von Matthew Cooper und Judith Miller, die eine cia-Agentin aufgedeckt hatten.

Umstrittenes Gesetz

"In Krisenregionen ist die Bedrohung evident, aber auch in freien Demokratien nimmt sie zu", zeichnet Bauer ein düsteres Bild zur Lage der Pressefreiheit. Auch in Österreich habe sich die Situation seit der "Wende" im Jahr 2000 durchaus verschärft. Als Beispiel nennt der rog-Vize jenes Gesetz, das als "Einschränkung der Pressefreiheit im Rahmen der Strafgesetzordnung" kritisiert wird: Journalisten dürfen aus bestimmten Dokumenten, etwa Gerichtsakten, nicht mehr zitieren. "Unter einer sozialistischen oder grünen Regierungsbeteiligung hätte es dieses Gesetz wahrscheinlich nicht gegeben", so Bauer.

INFOS: www.rog.at, www.rsf.org

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