Gomorrha auf Italienisch

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Mit "Gomorrha" gelang Regisseur Matteo Garrone eines der trostlosesten Italien-Porträts der Filmgeschichte.

Die neuen New Yorker Twin Towers stammen aus Neapel. Zumindest "finanziell gefördert" werden sie von der Camorra, der neapolitanischen Mafia - gleichbedeutend mit ganz Neapel. So behauptet es nicht nur der 29-jährige Journalist Roberto Saviano, der mit seinem Tatsachen-Roman "Gomorrha - Eine Reise ins Reich der Camorra" 2006 einen weltweiten Bestseller landete. 1,2 Millionen verkaufte Exemplare später, lebt Saviano unter ständigem Polizeischutz. Nun hat er es als einer von sechs Drehbuchautoren mit Regisseur Matteo Garrone für die Leinwand adaptiert.

In fünf Erzählsträngen zeichnet Garrone in "Gomorrha" ein selten trostloses Bild des modernen Italien. Ein Italien, in dem die systematische Korruption und die unhierarchische Vernetzung zahlreicher Familien und Gangs längst die ganze Nation unterwandert und an einen Punkt ohne Wiederkehr getrieben haben. An jenem Punkt werden dann ermordete chinesische Immigranten aus einem riesigen Container in irgendein Loch gekippt, weil sie sich ins Camorra-geregelte Schneiderei-Business gedrängt haben. (Von dem laut Saviano übrigens auch namhafte Designer ihre Ware anfertigen lassen.) Illegale Waffenarsenale von 13-jährigen Buben und Tonnen von Giftmüll als Basis-"Dünger". Kurzum: Die kriminelle Kehrseite der globalen Wirtschaft hat ihren Knotenpunkt in Neapel gefunden. Umkehr gibt es keine. Alle Beteiligten wissen das.

Garrone drehte an Originalschauplätzen in Neapel und im Hinterland Kampania, mit vielen - großartigen - Laiendarstellern. Bemerkenswert geht er vorbei an der stilisiert überflüssigen Gewalt eines Quentin Tarantino, aber auch an der Hollywood-Sensibilität eines Martin Scorsese. Die Figuren in "Gomorrha" sind jene kleinen Fische, die man in anderen Genre-Filmen nur im Hintergrund sieht. Sie alle sind beteiligt an den 4000 Morden, die die Camorra in den letzten 30 Jahren verübte.

Als heuer im Juni, im sogenannten "Spartacus"-Prozess, 16 Camorra-Bosse zu lebenslangen Haftstrafen verurteilt wurden, sah Saviano darin die Bestätigung, mit seinem Roman zumindest Aufmerksamkeit erreicht zu haben. Aufmerksamkeit für untragbare Zustände, die man im "zivilisierten" Europa nicht vermuten würde. Und auch nicht in den Twin Towers.

GOMORRHA, EINE REISE INS REICH DER CAMORRA - Gomorra

I 2008. Regie: Matteo Garrone. Mit Toni Servillo, Gianfelice Imparato, Maria Nazionale. Verleih: Polyfilm. 135 Min.

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