Hardrock als hässliche Wohltat

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Seit Jahren wird an diesem Patienten herumgedoktert, doch noch immer liegt er auf der Intensivstation. Und auch nach der neuesten Operation sind seine Genesungsaussichten nicht gestiegen. Der Eurovisions Song Contest - Bobos bevorzugen das nasalere Grand Prix d'Eurovision de la Chanson - hat in seinem 51. Jahr nur mehr wenig mit der Veranstaltung von vor 10, 20 Jahren gemein.

Erstmals wurde heuer das mühsame System der Punktevergabe verkürzt, indem aus jedem Land nur noch die drei Erstplatzierten verlesen und das restliche Abstimmungsergebnis auf einer Schrifttafel eingeblendet wurden. Das beschleunigte zwar das Prozedere, aber auch die Hektik, wollte man als Zuschauer den Überblick behalten.

Eine zwiespältige Neuerung, genauso wie das zum dritten Mal vorab veranstaltete Semifinale und die schon länger aufgehobene Pflicht, in (einer) der Landessprache(n) zu singen. Diese Reformen verpuffen wirkungslos, solange zu 80 Prozent musikalische Inferiorität dominiert, die sogar für Ö3-Maßstäbe zu viel des Guten ist. Zwar konnte man einige Jahre dem Treiben mit Witz und Komik begegnen, wie es etwa die FM4-Moderatoren Stermann und Grissemann vormachten. Der Moderator des Abends beim ORF, Andi Knoll, versuchte dann auch etwas bemüht an diese Tradition anzuknüpfen.

Doch sogar nach dem Motto "Es ist so schlecht, dass es schon wieder gut ist" ließ sich diese herzlose Show aus Athen kaum mehr ertragen. Die meisten Länder schickten irgendwelche Fitness-Gurus - egal ob männlich oder weiblich - auf die Bühne: Was zählt ist viel nackte Haut, Styling und Sex (von einer Teilnehmerin soll im Internet ein intimes Privatvideo kursieren).

Dass die mit Ork-Masken, Hackbeil und Drachenflügeln auftretenden Lordi aus Finnland den Sieg heimtrugen, war inmitten dieser Lackaffen eine hässliche Wohltat: Hard Rock Hallelujah!

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