Hausmeister im Kosmos

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Radio: Eine Ausstellung erzählt den Weg von der RAVAG zum ORF

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Radio: Eine Ausstellung erzählt den Weg von der RAVAG zum ORF

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Wussten Sie, dass das Radio eine österreichische Erfindung ist? Die Ausstellung Von der RAVAG zum ORF im Bezirksmuseum Wieden in Wien beleuchtet die geschichtliche (nicht selten politisch beeinflusste) und die technische Entwicklung des Massenmediums Radio. So gelang dem Grazer Otto Nußbaumer bereits 1904 die weltweit erste drahtlose Funktelefonie. Die frühen "Telefonie-Sendungen" fanden allerdings bei Ausbruch des Ersten Weltkrieges ein rasches Ende.

Erst in den zwanziger Jahren brach die Pionierzeit des Radios so richtig los. In Österreich übernahm das Land Steiermark eine militärische funktelegrafische Station, die noch aus dem Krieg stammte. Der zuständige Beamte Oskar Czeija erkannte die Bedeutung des neuen Mediums und wollte eine öffentliche, radiotelegrafische Nachrichtenübermittlung aufbauen.

"Wir haben versucht, die verschiedenen Stationen in der Entwicklung des Radios zu dokumentieren", sagt die Initiatorin der Ausstellung, Inge Wolf. Der ORF steuerte die Leihgaben bei, zumeist alte Radiogeräte aus den dreißiger, vierziger und fünfziger Jahren. "Damals sah so ein Gerät noch aus wie ein Möbelstück", meint Wolf.

Am 1. April 1923 ging in Österreich Radio Hekaphon auf Sendung, wurde aber schon am 1. Oktober von der Radio-Verkehrs-AG (RAVAG) abgelöst. Karl Kraus meinte damals lakonisch zur neuen Erfindung: "Großes Heil ist der Welt erflossen, der Hausmeister ist an den Kosmos angeschlossen!" Und tatsächlich leitete das Radio eine Kommunikationsrevolution ein, die später das Fernsehen und heute das Internet komplettieren. Zunächst war die RAVAG im Ronacher-Gebäude in der Wiener Himmelpfortgasse untergebracht, ehe sie 1939 in das bis heute genutzte Gebäude des Architekten Clemens Holzmeister in der Argentinierstraße übersiedelte. Damals war das RAVAG-Gebäude das modernste Funkhaus Europas.

Auch die Politik erkannte die Macht des Radios und instrumentalisierte es für ihre Zwecke. Im Dritten Reich war der "Volksempfänger", ebenfalls auf der Ausstellung zu sehen, ein Radiogerät, dass sich jeder leisten konnte - und sollte, um Goebbels Propaganda-Sprüche zu empfangen. Die RAVAG hörte damals auf zu existieren, die Nachrichten kamen von nun an aus Berlin. Aus Wien tönten nur harmlose Konzerte aus den Lautsprechern.

Nach dem Krieg wurde die RAVAG wieder ins Leben gerufen, ab 6. September 1953 startete - vom Einfluss der Besatzungsmächte befreit - das neue Radio Österreich. Dies war auch die Geburtsstunde der Bezeichnung ORF. Wann immer ein großes Ereignis stattfand, etwa die Wiedereröffnung der Staatsoper am 5. November 1955, war der ORF mit seinen Radioübertragungen dabei.

Schallplatten, Schautafeln, Flugblätter und Fotos dokumentieren die Pionierzeit des Radios bei der Ausstellung. Über einen Internet-Terminal lässt sich die technische Neuzeit des Radios "ersurfen". Diese begann in Österreich mit dem Rundfunkgesetz von 1967, als drei vollwertige Radioprogramme starteten: der Kulturkanal Ö1, Ö Regional für die Bundesländer und Europas erster Popsender, Ö3. In den siebziger und achtziger Jahren wurde das Funkhaus des ORF um einige Zubauten erweitert.

Seit damals hat sich die Radiolandschaft in Österreich grundlegend verändert. Am 1. April 1998 starteten etliche private Radioanbieter, das ORF-Monopol war gefallen. Das Medium wurde vermehrt als Werbeträger entdeckt, Inhalte traten in den Hintergrund. Die maximale Länge von Beiträgen bei den sogenannten "Format-Radiosendern" beträgt heute eine Minute und dreißig Sekunden.

Die Ausstellung ist bis 15. Oktober jeden Sonntag zwischen 10 und 12 Uhr im Bezirksmuseum Wieden, 1040 Wien, Klagbaumgasse 4, zu sehen. Danach tourt die Schau als Wanderausstellung durch ganz Österreich. Informationen: 01/502 34 04-114.

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