Hinter-Hintergrund

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Die Zeitung wird es auch in Zukunft geben. Allerdings: was wäre eine Zeitung ohne das Internet?

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Die Zeitung wird es auch in Zukunft geben. Allerdings: was wäre eine Zeitung ohne das Internet?

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Daß neue Medien die alteingesessenen nicht verdrängen, hat schon der Zeitungswissenschaftler Wolfgang Riepl im Jahr 1913 festgestellt. So konnte das Aufkommen des Fernsehens in den 50er Jahren das Kino nicht verdrängen, und so konnte auch das Internet weder dem Buch noch der Zeitung etwas anhaben - im Gegenteil: durch neue Medien sind für die alten immer neue Betätigungsfelder und Absatzmärkte hinzugekommen. Wie würde heute etwa das Feiertagsprogramm im Fernsehen aussehen, gäbe es nicht die großen Kinoabenteuer aus den alten Tagen? Oder was wäre eine Tageszeitung ohne Fernsehprogramm?

Die Tageszeitung wurde durch das Fernsehen primär zum Hintergrundmedium. Niemand will in der Zeitung lesen, was ohnehin schon im Fernsehen verkündet wurde. Gut recherchierte Hintergründe sind gefragt. Die Zeitungswelt reagierte mit der Verlagerung auf neue Schwerpunkte: Kommentare und Glossen sind in einer modernen Tageszeitung die Stellen im Blatt, die die Leser besonders schätzen. Sie machen die Tageszeitung zum Meinungs- und Diskussionsforum.

Das Internet hat sich derweil als neues Kommunikationsfeld etabliert. Homepage, E-Mail oder Chat sind für Internet-Benützer vertraut. Dieser Trend färbt auf die Printmedien ab: in den letzten Monaten konnte man auch in Österreichs Printmedienlandschaft ein immer stärkeres Anlehnen ans neue Medium konstatieren. So ist zum Beispiel die Gestaltung der Wochenmagazine profil und Format sehr an den Aufbau einer Website angelehnt. Schaltflächen und Symbole fassen Themengebiete zusammen, Meldungen werden - wie im Internet - kurz angerissen und mit einem Verweis (=Link) auf eine Fortsetzung im Blatt versehen. Oder: viele Zeitungen beenden Kurzmeldungen mit einem Hinweis auf Internet-Seiten, von denen die Informationen stammen.

Fest steht: Internet und Tageszeitung wachsen mehr und mehr zusammen. Es gehört dazu, daß eine Tageszeitung auch eine Online-Ausgabe unterhält: der Ehrgeiz besteht darin, die Zeitung von morgen bereits am Vortag im Internet weltweit abrufbar zu machen. Praktisch für alle, die im Ausland weilen, aber trotzdem nicht auf ihre Lieblingszeitung verzichten möchten.

In Österreich sind die Presse (www.diepresse.at) und der Standard (www.derstandard.at) Vorreiter auf dem Gebiet der Online-Ausgaben. Bereits bei Redaktionsschluß sind die wichtigsten Themen des Tages im Internet abrufbar. Zusätzlich zu Bild und Text gesellen sich ob der multimedialen Fähigkeiten des Internet auch noch die Möglichkeiten, Videos, Töne und interaktive Elemente einzubauen. Außerdem bieten derlei Websites auch den Zugriff aufs hauseigene Archiv, in denen nach Stichwörtern gesucht werden kann. Mittlerweile haben viele Redaktionen das Geschäft mit ihrem Archiv erkannt. Die Folge: der Zugriff wird immer häufiger kostenpflichtig.

Übrigens: Bereits seit März 1996 ist die Furche übrigens auch im Internet vertreten (www.furche.at) und zählt damit zu den Österreich-Pionieren des World Wide Web. Legendär sind die Websites vieler international angesehener Tageszeitungen und Fernsehsender: die Online-Ausgabe der New York Times (www.nytimes.com) ist bei vielen Internet-Nutzern wegen ihrer Seriosität besonders beliebt. Die umfassende Berichterstattung des Senders CNN setzt sich natürlich auch nahtlos im Internet fort (cnn.com).

Der Trend ist unübersehbar: Das Fernsehen bleibt Informationsmedium Nummer eins. Die Tageszeitung konnte ihre Rolle als Hintergrundmedium ausbauen. Das Internet könnte man bereits als "Hintergrund-Hintergrund-Medium" bezeichnen, weil es immer öfter in Zeitungen als Quelle für weiterführende Informationen genannt wird. In der Verbindung der klassischer Medien mit den neuen erhofft man sich heute vor allem ein riesiges Geschäft. Denn die Mehrfachverwertung von Information soll potenten Werbekunden neue Absatzmärkte eröffnen. Ob die Zeitungsleser, heute chronisch "overnewsed", die neue Informationsflut bewältigen, bleibt fraglich: bekanntlich opfert der durchschnittliche Leser nur ein paar Minuten täglich fürs Zeitungslesen.

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