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Ästhetisch berückend, doch emotional unterkühlt ist Fosco und Donatello Dubinis "Reise nach Kafiristan".

Kafiristan, das legendenumwobene "glückliche" Tal im Vorderen Orient, ist für die exzentrische Annemarie Schwarzenbach und die vernünftige Ella Maillart das Ziel aller Träume. Von innerer Unrast getrieben, wird der weiße Fleck der Landkarte zur Projektionsfläche ihrer Sehnsüchte. Europa ist 1939 von politischen Wirren gebeutelt, die Fremde verheißt Heilung. "Es ist die letzte Chance, mich in die Hand zu bekommen", schreibt Schwarzenbach. Ihre Sprache durchzieht als Stimme aus dem Off "Die Reise nach Kafiristan" von Fosco und Donatello Dubini.

Pointierte Dialoge, herrliche Landschaftsaufnahmen und exzellente Hauptdarstellerinnen sind die starken Seiten des Films, der vor allem die brisante Anziehungskraft zwischen den zwei konträren Frauen thematisiert. Annemarie (Jeanette Hain), Schriftstellerin, sensibel, schön, lesbisch, liebt laszive Grenzüberschreitung. Die Fotografin und Sportlerin Ella (Nina Petri) erscheint dagegen ungeschminkt, belesen und kontrolliert.

Die literarische Innenschau Schwarzenbachs schafft analytische Distanz, die sich im Bild wiederfindet: Blumig beschriebene Städte werden zu fernen Silhouetten, die Schauspieler sind wie Models in üppiges Interieur oder vor prächtige Panoramen gesetzt.

"Ihr mögt dieses Tal auch das glückliche Tal' nennen, du aber weißt, dass es das Ende-der-Welt-Tal' ist. [...] Kehre um." Mit diesem Schwarzenbach-Diktum endet der Film. Sie schaffte die Umkehr nicht: Nach einem intensiven Leben starb sie mit 34 Jahren im Engadin. Ihre Tragik ähnelt jener des Films: Auch er schafft die Umkehr von der Oberfläche in die Tiefe nicht.

Die Reise nach Kafiristan

D/CH/NL 2001. Regie: Fosco und Donatello Dubini. Mit Jeanette Hain und Nina Petri. Verleih: Adrialpe Media. 100 Min.

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