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Die zunehmende Vermischung von Journalismus und PR macht Sorge. Wie viel PR verträgt seriöser Journalismus?

Vergiftete Beziehung", "vermintes Gelände", "Dealing". Wenn es um die Beziehung von Journalismus und PR geht, findet der deutsche Kommunikationswissenschafter Michael Haller harte Worte. "Das ist ein gegenseitiges Abhängigkeits- und Erpressungsverhältnis".

PR hat Themenhoheit

Der Leipziger Uni-Professor für Allgemeine und Spezielle Journalistik und Direktor des Instituts für Praktische Journalismusforschung ging bei einer von der "Initiative Qualität im Journalismus" in Wien veranstalteten Podiumsdiskussion der Frage nach, wie viel PR objektiver Journalismus verträgt. "Wir erleben gerade einen Prozess der Entgrenzung der Journalismustätigkeit. Die Schnittstelle zwischen PR und seriösem Journalismus ist prekär geworden, zu oft schleichen sich PR-basierte Inhalte in redaktionelle Zeitungsartikel ein", erklärte Haller und bedauerte einen damit verbundenen Qualitätsverslust der Medien.

Tatsächlich scheint das Beziehungsfeld der beiden Bereiche immer komplexer und verwobener zu werden. Personelle Ausdünnung und Ressourcenabbau in den Redaktionen stehen bei gleichzeitigem Ausbau und Professionalisierung der Unternehmens-PR einer sich stark verändernden Mediennutzung vor allem junger Menschen unter 30 gegenüber. Denn neue Medien wie Internet oder Handy bedingen eine Veränderung der herkömmlichen Kommunikationsmuster. "Die Medienproduktion ökonomisiert sich zunehmend. Die strategische PR setzt die Themen und die Journalisten, die ohnehin immer weniger werden, sind froh, wenn sie was zu schreiben haben", analysiert Haller. Die Journalisten hätten einfach nicht mehr die Zeit, alles nachzurecherchieren und würden dann unter dem Deckmantel redaktioneller Beiträge Presseaussendungen eins zu eins übernehmen. Dass davon die "strategische PR" profitiert, indem die Nachfrage in den betreffenden Bereichen steigt, liegt für Haller auf der Hand. Als Beispiel nannte er den medial inszenierten Hype um die Vogelgrippe und das Gruppemittel "Tamiflu". Der Herstellerfirma habe das enorme Umsatzsteigerungen beschert, obwohl dieses einfache Grippemittel gar nichts mit der Krankheit zu tun gehabt hätte.

Teure Verlockungen

Angesichts dieser zunehmenden Vermischung von Journalismus und PR setzt Haller auf "Information statt Persuasion". "Journalismus hat ein öffentliches Interesse, die Macht- und Funktionsträger der Gesellschaft kritisch zu prüfen und zu kontrollieren. Schleichwerbung hat hier nichts zu suchen", so der Kommunikationswissenschafter.

Dass Journalisten unter Druck stehen und die Abhängigkeit von der PR zunimmt, bestätigt auch Elisabeth Horvath vom Presseclub Concordia. Sie sieht den Einfluss der PR auf die Medienberichterstattung allerdings auf einer viel subtileren Ebene. "Da gibt es zum Beispiel Essenseinladungen, Reisegutscheine oder teure Geschenke für die Journalisten. Und im Gegenzug wird dann ein Exklusivbericht verlangt", so Horvath. Die Journalisten müssten gegen solche Angebote immunisiert werden und lernen, wie man die subtilen Ebenen erkennt.

Andreas Koller, stellvertretender Chefredakteur der Salzburger Nachrichten, ortet zwar auch enorme Einflussnahme von Politikern und ihren Spin-Doktoren sowie von diversen Unternehmen, setzt allerdings dagegen, dass die meisten Journalisten sehr wohl zu filtern und sich zur Wehr zu setzen wüssten. "Wir sind nicht die Hendln, über die der Habicht kreist", so Koller zynisch.

Positives Miteinander

Die "Habichte" - also die Vertreter der Public Relations - setzten bei der Wiener Veranstaltung dann auch zum Gegenangriff an. "Es gibt durchaus Führungsetagen gewisser Medienhäuser, die bei uns anrufen, und eine positive Berichterstattung mit der Forderung nach einem bestimmten Anzeigenvolumen verbinden", wandte Brigitte Mühlbauer von der Menedetter PR ein.

Da bleibt keiner dem anderen etwas schuldig. Ein positives Miteinander ist und bleibt aber unumgänglich. Im Grundtenor waren sich die Diskutanten letztlich einig: Die PR liefert wichtige journalistische Inhalte. Sache der Journalisten ist es, diese kritisch zu überprüfen - im Sinne der eigenen Glaubwürdigkeit.

www.iq-journalismus.at

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