In medias res: Volkes Stimme

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Ob die jüngste Kampagne erfolgreich war, werden wir - vielleicht - Ende der Woche wissen: Wird der sehnliche Wunsch von Hans Dichand, nämlich Rot-Schwarz erneut an der Regierung zu sehen, in Erfüllung geht?

Allen anders lautenden Understatements des Krone-Chefs zum Trotz: Der ausgeprägte Wille Dichands war der österreichischen Gegenwartsgeschichte immer noch Befehl, und die heimische Politik bewegt sich - willfährig oder unwissentlich - allzuoft nach der Pfeife der Krone (Erhard Busek, Vizekanzler und Parteichef von Hans Dichands Ungnaden, pflegt heute noch darüber zu klagen, daß er seinen Sturz 1995 dem mächtigen Kleinformat verdanke).

Die erfolgreichen und beispiellosen Kampagnen der Krone gehören untrennbar in die politische Landschaft Österreichs: So wurde anno 1973 nach der Wiener Sternwartepark nicht abgeholzt - und Bürgermeister Felix Slavik war am Ende der Karriere. So blieb 1985 das Donaukraftwerk Hainburg ungebaut - und Bundeskanzler Sinowatz' Rücktritt nahte. So nahm es die Krone 1986 mit dem Rest der Welt auf - und Kurt Waldheim konnte triumphal Bundespräsident werden. Auch die Beförderung Caspar Einems vom Innen- ins Wissenschafts-Verkehrsressort (1997) und die Pulverisierung des Liberalen Forums (1999) geschah unter kräftiger Mithilfe des Kleinformats.

Vor hundert Jahren erschien die Kronen Zeitung zum ersten Mal. 1959 erwarb Hans Dichand die Titelrechte und gründete das Blatt neu (unter finanzkräftiger Hilfe des damaligen ÖGB-Bosses Franz Olah). 2,8 Millionen Leser und etwa eine Million verkaufte Stück: nirgendwo auf der Welt gibt es derartige Dominanz eines Printmediums wie hierzulande. Auch die publizistische "Wiener Mischung" die hier versammelt wurde, ist einmalig: Richard Nimmerrichter ("Staberl"), Kurt Krenn ("Christianus"), Hans Dichand selbst ("Cato"?, "Aurelius"? etc.), Andreas Mölzer ("Noricus"?), Hauspoet Wolf Martin - die Hardliner. Ernst Trost, Günther Nenning, Marga Swoboda, Ausländerfreund Michael Chalupka (Chef der evangelischen "Diakonie") - die andere Seite.

Genau besehen also wird in der Krone auf vielerlei Tastatur gespielt. Wobei auf jener, die Volkes dumpfe Stimme wiedergibt, leider die größte Lautstärke eingestellt ist.

Otto Friedrich.

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