Iranische Frauenschicksale

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DER KREIS / Dayereh

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DER KREIS / Dayereh

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Eine Reihe von Frauen, deren Konflikte mit der iranischen Gesellschaftsordnung bis zu einem Gefängnisaufenthalt führen, dienen dem Filmemacher Jafar Panahi dazu, ein düsteres Bild der Rolle der Frau im Iran zu zeichnen. Abhängig von der Ungerechtigkeit und Willkür der patriarchalen Institutionen, gibt es in vielen Situationen keinen Ausweg vor der Festnahme, in einem Falle letztendlich weil das Neugeborene kein männlicher Nachkomme ist. Bereits die ersten beiden Filme von Jafar Panahi waren in Europa preisgekrönt, diesmal wurde er sogar mit einem Goldenen Löwen prämiert. Der aufklärerische Film, in dem Prostitution zum ersten Male im iranischen Kino thematisiert wird, ist sehenswert ab 14.

Im Iran als Frau geboren zu werden, ist von Anfang an ein schweres Schicksal. Der Text des Vorspanns - weiße Schrift auf schwarzem Hintergrund - ist unterlegt mit den Schreien einer kreißenden Frau. Die Freude über das geborene Baby währt aber nur kurz - sobald bekannt wird, dass die Ultraschalldiagnose falsch war und es sich nicht um einen Jungen, sondern um ein Mädchen handelt, droht der Zorn des Ehemanns und der Schwiegereltern. Die Eingangssequenz hätte das Thema und die Stellung, die der Film dazu einnimmt, kaum stärker umreißen können.

Die Probleme der Frauen, die im Film kurz begleitet werden, kreisen um Sexualität, Geburt, Kinder und ein Leben ohne männlichen Schutz. Verbunden werden sie durch einen gemeinsamen Gefängnisaufenthalt. Mit dieser Auswahl beschränkt sich Regisseur Jafar Panahi ("Der Spiegel", 1997) auf düstere Seiten des Lebens der Frauen in seinem Land.

Das Krankenhaus wird verlassen, und wir beobachten drei Frauen bei dem Versuch, etwas Geld aufzutreiben und sich vor den Polizisten zu verstecken. Sie haben ihren Hafturlaub verlängert, um auf dem Land ein neues Leben zu beginnen. Wie man bei dem Neugeborenen nicht weiß, was es verbrochen hat, um als Mädchen zur Welt zu kommen, so erfahren wir auch hier nicht, was die Frauen hinter Gitter gebracht hat. Es hat keinen Sinn, die Frage nach dem Vergehen, nach konkretem Recht oder Unrecht zu stellen. Das primäre Unrecht der ubiquitären patriarchalen Repression verurteilt schon im Vorhinein. Eine Szene zeigt die Schikanen, die eine Frau hat, wenn sie verreisen will. Fahrkarten kaufen kann sie nur, wenn sie sich als Studentin ausweisen kann - mit einem männlichen Begleiter reisen hingegen ist kein Problem. Pari hat ein noch schwierigeres Vorhaben: Sie erwartet ein uneheliches Kind, aber ohne die Einwilligung des Vaters oder der Eltern und Schwiegereltern kann sie keine Abtreibung machen lassen. Dass Kinder ohne "richtige" Familie eine schwierige Zukunft haben, liegt auf der Hand; Panahi inszeniert es durch eine Frau, die ihr Kind mit dem Wunsch aussetzt, eine fremde Familie möge es bei sich aufnehmen.

Politisch brisant sind die Passagen über die verbotene Prostitution. Zum ersten Mal wird hier im iranischen Kino dieses Thema angesprochen. Und wie man es bereits erwartet, endet auch hier der Weg der Frau im Gefängnis.

Vom filmischen her teilweise sehr demonstrativ und erläuternd, zeigt "Der Kreis" eine bittere Bestandsaufnahme des Scheiterns an patriarchalen Strukturen, ein Dokument der Machtlosigkeit, das man sich nicht entgehen lassen sollte.

Iran / Italien 2000 - Produktion: Jafar Panahi Film Prod. / Mikado Lumiere & Co - Produzent: Jafar Panahi - Verleih: Polyfilm - Länge: ca. 85 Min. - Regie: Jafar Panahi - Buch: Kambozia Partovi - Kamera: Bahram Badakshani - Schnitt: Jafar Panahi - Darsteller: Maryam Parvin Almani, Nargess Mamizadeh, Fereshteh Sadr Orafai

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