Irgendwo dazwischen

Werbung
Werbung
Werbung

Elisabeth Scharang macht in "Tintenfischalarm" Intersexualität zum Thema und zeigt mit Alex Jürgen einen erfrischend witzigen Protagonisten.

Tintenfischalarm: Tastende Hände von Jungs sind damit gemeint, Fangarmen gleich, die neugierig die Körper der Mädchen erforschen. Aufregend ist die "Entdeckungsreise" für die damals 14-jährige Alex schon, allerdings nicht im genussvollen Sinne: Sie bedeutet Stress. Angst, entdeckt zu werden. Denn Alex ist intersexuell; nicht Mann, nicht Frau, irgendwo zwischen den Geschlechtern. Mit 26 beschließt sie, aus ihrer Isolation auszubrechen und erzählt in Elisabeth Scharangs "Jugendzimmer" des Senders FM4 von ihrem Leben. Die Radiosendung wird zur Initialzündung: "Unser Kennenlernen fand zum richtigen Zeitpunkt statt", so Scharang: "Ich mit meinen ganzen Fragen und Alex mit dem Bedürfnis, viele Antworten zu geben. Man kennt zwar Hermaphroditen aus der Mythologie, aber dass sie ein realer Bestandteil dieser Welt sind - in dem Ausmaß - wusste ich nicht". (Eines von 2.000 Babys wird mit nicht eindeutigem Geschlecht geboren.) Zwischen der Radiomacherin und Alex kommt schnell ein gemeinsames Filmprojekt zur Sprache. Als die beiden damit beginnen, ihre Gespräche aufzuzeichnen, findet sich das Wesen des Filmes: Gespräche, Videotagebücher und gemeinsame Reisen bilden das Grundgerüst. Nicht nur Alex agiert vor der Kamera, auch Scharang wechselt gerne vor die Linse. Was man davon halten mag, ist Geschmackssache. Alex hätte sonst nie so offen in die Kamera gesprochen, lautet die Rechtfertigung; Scharangs Einsatz hätte etwas mehr Dezenz jedoch nicht geschadet. Das dritte Auge beobachtet indes, wie Alex beginnt, Testosteron zu nehmen, sich operativ von seinen Brüsten verabschiedet. "Normalität" wird sich wohl nie einstellen, dennoch arbeitet er in diese Richtung, Schritt für Schritt, wie er Anfang 2005 auch schon der Furche berichtet hat (Nr. 2). Er möchte eine Selbsthilfegruppe aufbauen, Essenzielles verändern; dass Eltern informiert, intersexuelle Kinder nicht mehr operiert, Psychotherapien für Intersexuelle von der Krankenkasse gestützt werden. Und dass klar wird, dass es mehr als "männlich" oder "weiblich" gibt.

TINTENFISCHALARM.

A 2006. Regie: Elisabeth Scharang.

Mit Alex Jürgen, Elisabeth Scharang.

Verleih: Polyfilm. 107 Min.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung