Ist Facebook systemrelevant?
Erst die Enthüllungen der Whistleblowerin Frances Haugen, dann der weltweite Ausfall: Die Welt ist in eine gefährliche Abhängigkeit von Facebook geraten.
Erst die Enthüllungen der Whistleblowerin Frances Haugen, dann der weltweite Ausfall: Die Welt ist in eine gefährliche Abhängigkeit von Facebook geraten.
In der vergangenen Woche gingen bei Facebook die Lichter aus. Facebook, Messenger, Whatsapp und Instagram waren sechs Stunden nicht verfügbar. Millionen Textnachrichten konnten nicht gesendet werden. Es war, als würde die digitale Post streiken. Instagram-Chef Adam Mosseri schrieb, es fühle sich wie „snow day“ an – schneefrei. Doch was der Ost- und Westküstenelite eine willkommene Abwechslung von der Dauerbeschallung und -erreichbarkeit war, war für andere ein existenzielles Problem. In Kenia konnten Ladenbesitzer keine Waren verkaufen. In Brasilien konnten Menschen nicht mehr mit ihren Angehörigen in Krankenhäusern kommunizieren. Und in Afghanistan konnten sich politisch Verfolgte nicht mehr austauschen. Als wäre dies nicht genug Ärger, fiel Facebook am Wochenende erneut aus.
Die Störungen haben einmal mehr vor Augen geführt, wie sehr die Welt von der technischen Infrastruktur des Tech-Giganten abhängig ist. Über drei Milliarden Menschen auf der Welt nutzen Facebook-Dienste. In Schwellen- und Entwicklungsländern ist Facebook das Internet. Der Konzern bietet dort in Kooperation mit lokalen Telekommunikationsanbietern ein Schmalspurinternet mit einem kostenlosen Datenvolumen von 20 Megabyte pro Tag an. In den staubigen Savannen Afrikas oder Dörfern Indiens, wo es häufig keine Telefonleitungen gibt, ist Facebook das einzige Kommunikationsmittel.
Profit steht über Sicherheit
Vor diesem Hintergrund ist es umso erschreckender, was die ehemalige Facebook-Produktmanagerin Frances Haugen wenige Stunden zuvor in einem TV-Interview erzählt hat: Facebook, so der Vorwurf, stelle Profit vor Sicherheit. „Facebook hat gemerkt: Wenn sie den Algorithmus sicherer machen, verbringen die Leute weniger Zeit auf der Seite. Sie klicken weniger auf Anzeigen, und Facebook verdient weniger Geld.“
Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.
In Kürze startet hier der FURCHE-Navigator.
Steigen Sie ein in die Diskurse der Vergangenheit und entdecken Sie das Wesentliche für die Gegenwart. Zu jedem Artikel finden Sie weitere Beiträge, die den Blickwinkel inhaltlich erweitern und historisch vertiefen. Dafür digitalisieren wir die FURCHE zurück bis zum Gründungsjahr 1945 - wir beginnen mit dem gesamten Content der letzten 20 Jahre Entdecken Sie hier in Kürze Texte von FURCHE-Autorinnen und -Autoren wie Friedrich Heer, Thomas Bernhard, Hilde Spiel, Kardinal König, Hubert Feichtlbauer, Elfriede Jelinek oder Josef Hader!