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Experten sind sich einig: Kaufzeitungen haben gegenüber Gratiszeitungen eine höhere Glaubwürdigkeit. Auch bei der Werbebranche.

Früher war alles ganz einfach: Morgens griff der Österreicher zum Postkasten, in dem sich die zugestellte, abonnierte Tageszeitung seiner Wahl befand. Das Informationsbedürfnis war gedeckt. Doch dann kamen schwedische Verleger auf die Idee, die Informationen gratis verfügbar zu machen - die Gratis-Tageszeitung war geboren. Von Skandinavien aus eroberte sie viele europäische Hauptstädte. In Frankreich oder der Schweiz gehören Gratis-Zeitungen zum alltäglichen Stadtbild, nur in Deutschland hat sich die Idee bis heute nicht durchgesetzt. Auch in Wien überschwemmen täglich hunderttausende Gratis-Ausgaben von Heute und Österreich die U-Bahn-Stationen. Ist die klassische Kaufzeitung bald am Ende? Lesen die Österreicher lieber Kurzinfos, weil diese gratis verfügbar sind?

Eine Studie des VÖZ (Verband Österreichischer Zeitungen) will jetzt herausgefunden haben, dass das Endzeitszenario für die klassischen Tageszeitungen und Magazine nicht zutrifft: Kaufzeitungen und -magazine hätten einen weit höheren substanziellen Mehrwert für die Leser und die Werber als ihre billige Gratis-Konkurrenz.

Gier nach Glaubwürdigkeit

Insgesamt 4300 Personen wurden befragt, herausgekommen sind "massive Unterschiede zwischen Kauf- und Gratis-Titeln". Kaufzeitungen würden mit 90 Prozent deutlich häufiger genutzt als Gratiszeitungen (68 Prozent), auch die Mehrfachnutzung einer Zeitung sei höher bei Kauftiteln, ebenso wie die Glaubwürdigkeit (88 zu 72 Prozent). Diese Glaubwürdigkeit färbe zudem auf die Online-Portale der Kauftitel ab, so die Studie. Zusätzlich hätte die Kaufzeitung höheren Aktualitäts- und Informationsgehalt. Auch Inserate würden von Lesern in Kaufzeitungen als glaubwürdiger empfunden. "Natürlich ist so eine Studie in erster Linie ein Signal an die Werbebranche", ist Hannes Haas, Leiter des Wiener Publizistikinstitutes, überzeugt. "Und diese Branche giert nach Glaubwürdigkeit. Denn gerade Luxusgüter wollen in einem Umfeld werben, das glaubwürdig ist." Den Unterschied zwischen Kauf- und Gratiszeitungen sieht Haas so: "Gratisblätter sind ein Geschäftsmodell, während bei Kauftiteln jedenfalls ein redaktionelles Programm dahintersteht."

Dieser Meinung ist auch Wolfgang Chmelir, Chef des "Board Werbemarkt" beim VÖZ: "Wesentlich ist weniger die Tatsache, dass man für Kaufzeitungen bezahlt. Was die Qualität der Kaufmedien ausmacht, sind ihre redaktionelle Qualität und ihre Inhalte. Kaufzeitungen berichten umfassend und investieren in die Redaktionen. Diese Qualität ist den Lesern bewusst und für diese Qualität sind sie auch bereit, Geld zu bezahlen." Dinge, mit denen Gratisblätter nicht aufwarten könnten: "Die österreichischen Zeitungen sind ganz starke und wertvolle Marken, die von den Menschen vor allem mit Glaubwürdigkeit, persönlicher Nähe und redaktioneller Qualität verbunden werden."

Für Hannes Haas hängt die Glaubwürdigkeit der Zeitungen auch mit den Inserenten zusammen. "Dubiose Inserate in Qualitätsblättern schwächen auch die Seriosität dieser Zeitungen." Haas ist "natürlich strikt für eine Trennung von Redaktion und Anzeigenabteilung, aber manchmal wirkt es zynisch, wenn Inserate in Zeitungen erscheinen, die konträr zu deren Weltbild stehen".

Erwartbare Qualität

Kaufzeitungen hätten heute Kompass-Funktion mit gleichbleibender, erwartbarer Qualität, die nicht in erster Linie darauf ausgerichtet sei, lediglich Umsätze zu generieren. "Die Werbung profitiert langfristig von einer starken Leser-Blatt-Bindung", meint Haas, der auch anmerkt: "Die schwedischen Erfinder der Gratiszeitung sind hochdefizitär. Je mehr Gratisblätter in den Markt drängen, desto schwieriger werden sie es haben. Das Erstaunliche daran ist, dass viele renommierte Verlage, die Kaufzeitungen herausgeben, auch Gratisblätter auf den Markt werfen und damit ihrem eigenen Produkt schaden. Offenbar haben diese Verleger Angst, etwas zu verpassen, wenn sie nicht dabei sind, langfristig schaden sie sich damit aber selbst."

Übrigens: Der Sonderfall Österreich fand in der VÖZ-Studie keine Berücksichtigung: Wolfgang Fellner fährt mit seiner Tageszeitung ein "Hybridkonzept" aus Kauf- und Gratis-Exemplaren. Dieses Modell ist in Österreich noch einzigartig. Fellner will daran weiter festhalten.

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