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Vorarlbergs Zeitungszar eugen russ ("Vorarlberger Nachrichten", "Neue Vorarlberger Tageszeitung") hält die Tageszeitung "Österreich" eher für einen Fehlstart als für eine Bedrohung.

Die Furche: Herr Russ, Sie sind in einer komfortablen Situation. In der ganzen aufgeregten Phase, in der die Fellners eine neue Massenzeitung auf den Markt werfen und alle anderen Zeitungshäuser im Lande in Nervosität versetzen, lehnen Sie sich in Vorarlberg zurück und schauen zu. Ihnen kann nichts passieren - nach Vorarlberg kommt keine Gratistageszeitung, derzeit auch kein "Österreich". Ist das eine korrekte Zustandsbeschreibung?

Eugen A. Russ: Wir haben uns auf Grund der Kleinheit des Bundeslandes seit Beginn unserer Existenz immer bedroht gefühlt. Es war immer absehbar, dass auch die Kronen Zeitung und somit ein übermächtiger Gegner einmal ins Land kommt. Wir versuchten uns fit zu halten, das war motivierend. Darüber hinaus gibt es eine Grundneugier, mit neuen Themen umzugehen. Wir kopieren sehr gern. Das ist etwas, was andere als anrüchig empfinden.

Die Furche: Im Rest Österreichs, also außerhalb von Vorarlberg, gibt es ungeheure Bewegung im Print-und auch im Online-Bereich. Halten Sie diese neue Entwicklung für richtig, nehmen Sie sie ernst, nehmen sie die Zeitung "Österreich" ernst?

Russ: Natürlich muss man Österreich ernst nehmen. Das ist ein riesiges Investment, eine gewaltige Marketingmaschine, und es sind auch ein paar interessante Aspekte in der Zeitung drin. Aber sie leistete sich natürlich schon auch, ich möchte nicht hämisch sein, einen wohl vorbereiteten Fehlstart. Es ist unangenehm, was da alles passiert ist, sowohl inhaltlich als auch vertriebstechnisch.

Die Furche: Inhaltlich?

Russ: Beispielsweise die Summe der Meldungen, die in der ersten Ausgabe drin waren. Der Gedanke war offensichtlich, alles, was man in zwei Jahren Vorbereitung produziert hat, an einem Tag abzufeuern. Das war eine völlige Überforderung des Lesers. Inhaltlich ist viel Verbesserungspotenzial da, und ich traue den Fellners auch zu, dass sie verbessern. Den Vertrieb werden sie auch in den Griff kriegen. Sie haben durch ihre Initiative die Tageszeitungslandschaft insgesamt attraktiver gemacht. Man redet jetzt wieder über Tageszeitungen. Tageszeitungen sind eine sexy Mediengattung. Wettbewerb ist immer gut.

Die Furche: "Österreich" kommt, so wie die Krone, auch nicht nach Vorarlberg?

Russ: Noch nicht. Aber wenn die Zeitung ein Erfolg sein sollte, werden sie auch nach Vorarlberg wollen. Wobei ich mir schwer vorstellen kann, dass es ein Erfolg wird. Denn die Kronen Zeitung ist eine etablierte Zeitung. Die Kronen Zeitung hat hohe Marktanteile, ist gut gemacht. Wenn die im Verlag nicht so streiten würden, würden sie das neue Produkt Österreich rasch abwimmeln. Es bleibt also die Frage, ob das Blatt eine Chance hat.

Die Furche: Ist das, was andere Verleger derzeit machen - also aufrüsten, Gratisblätter auf dem Markt werfen, bloß um den Markt zu sichern -, richtig oder viel zu spät?

Russ: Halte ich für gescheit und legitim. Da geht es um Synergien. Wenn man das Produktportfolio eines Medienhauses anschaut - bei uns macht die Tageszeitung gerade noch 50 Prozent des gesamten Umsatzes aus. Es gibt eine Vielzahl von Produkten, und dazu könnte mittelfristig auch eine Gratistageszeitung gehören. In Rumänien haben wir schon eine. In Vorarlberg noch nicht, dafür aber etliche Gratis-Wochenzeitungen, so dass in Summe auch jeden Tag eine Gratiswochenzeitung an den Haushalt kommt, auch am Sonntag.

Die Furche: Wenn der Wettbewerb also noch heißer wird, würden Sie in Vorarlberg eine richtige Gratistageszeitung machen?

Russ: Zum Beispiel auch, wenn die Kronen Zeitung in Vorarlberg eindringen will. Im Augenblick ist es noch nicht notwendig. Wenn wir angegriffen werden, ist die Gratistageszeitung ein sehr taugliches Instrument.

Die Furche: Wer ist ihr nächster Gegner: die Kronen Zeitung, das Gratisblatt "Heute", "Österreich"?

Russ: Die Kronen Zeitung ist immer ein potenzieller Gegner, aber andererseits wird auch wirtschaftliche Vernunft da sein. So eine Expansion kostet 70 Millionen Euro, auf zehn Jahre verteilt zwar, aber immerhin. Warum soll die Kronen Zeitung das tun, was erreicht sie damit außer langfristige Verluste. Aber es kann einmal auch die Emotion hochkommen und die Zeitung will unbedingt auch noch das letzte Bundesland haben. Dann werden wir uns wehren müssen.

Das Gespräch führte Engelbert Washietl.

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