Kein Platz für Würde

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Die Initiative Qualität im Journalismus sieht das Ansehen der Medien bedroht.

Die Versuchung ist groß: Im Kampf um die Quoten stimmen manche Medien laut ein in den Chor derer, die mit lauten und ethisch fragwürdigen Methoden versuchen, sich die größte Aufmerksamkeit zu sichern. Wir waren fassungslos über das Schicksal des Entführungsopfers Kampusch. Wir nahmen Anteil an der drohenden Abschiebung der jungen Kosovarin Arigona Zogaj. Wir waren diesen beiden Mädchen, die beispielhaft auch für andere stehen sollen, sehr nahe. Kritiker verweisen darauf, dass private Lebensbereiche zunehmend zum Thema in den Medien werden - und dabei Gefahr gelaufen wird, gegen ethische Grundregeln und den Schutz des Privatrechtes zu verstoßen.

Seriosität punktet

Dass selbst einige Qualitätsmedien nicht davon Abstand nehmen, findet die Initiative Qualität im Journalismus (IQ) bedauerlich: "Die Verletzung journalistischer Standards und leichtfertige Experimente mit Tabubrüchen sind nicht nur eine Gefahr für das Ansehen der österreichischen Medien, sondern bereits Realität. In Österreichs Medien reißen Zustände ein, die man bisher nur von erbarmungslosen Quotenjagden britischer Boulevardzeitungen zu kennen glaubte", so die Stellungnahme von IQ Anfang der Karwoche.

Keinesfalls absprechen will Andreas Koller, Chefredakteur-Stellvertreter der Salzburger Nachrichten und neu gewählter Vorsitzender von IQ, dass die Qualitätsmedien sich tapfer bemühen, gewisse Qualitätsstandards einzuhalten, aber: "Die Stimme der Qualitätsmedien in unserem Land ist seit jeher eine sehr leise. Die Boulevardmedien, inklusive der elektronischen Medien, hingegen werden immer lauter und boulevardesker", analysiert Koller. Einige Betroffene, die in den Medien zur Schau gestellt und Opfer unseriöser journalistischer Praktiken werden, spielen selbst eine aktive Rolle: "Manche Prominenten fehlt das Problembewusstsein. Sie laden die Medien förmlich in ihr Schlafzimmer ein", weist Koller auf diesen nicht unproblematischen Aspekt hin.

Sind es ausschließlich einfach gestrickte Rezepte, die getrost Ethik und Schutz des persönlichen Lebensbereiches ignorieren dürfen, die den Medienunternehmen das wirtschaftliche Überleben sichern können? Dieses Argument lässt Meinrad Rahofer, Leiter des Kuratoriums für Journalistenausbildung in Salzburg und Vorsitzender von IQ, nicht gelten: "Auf Dauer wird das unseriöse und voyeuristische Umgehen mit Menschenschicksalen den Medien und vor allem ihrer Glaubwürdigkeit schaden", ist er überzeugt: "Es gibt genug Beispiele aus dem internationalen Bereich, die zeigen, dass der wirtschaftliche Erfolg eines Medienunternehmens sehr wohl auf seiner Seriosität beruht."

Ebenfalls bedenklich findet Engelbert Washietl, Gründungsmitglied und Sprecher von IQ, die aktuellen Tendenzen im Journalismus, doch es kann auch sein, "dass sich solche negativen Dinge einmal abnützen werden und die Medien im Sinne der notwendigen Unterscheidung wieder eine andere Richtung einschlagen, da es ihnen nichts bringt, verwechselt zu werden."

Presserat? Bitte warten!

Zur Selbstkontrolle hat kürzlich der Public Relations Verband Austria einen eigenen Ethik-Rat gegründet (siehe die letztwöchige Furche). Versuche, wieder einen Presserat zu installieren, der wachsam beobachtet, ob Menschenwürde und persönliche Lebensbereiche gefährdet sind, und sich dazu kritisch äußert, sind bisher jedoch gescheitert. Selbst bei den Mitgliedern der Initiative Qualität im Journalismus, die sich für seine Wiedererrichtung einsetzen, will niemand so recht daran glauben, dass dies in sehr naher Zukunft geschehen könnte: "Bis Ende des heurigen Jahres wird uns dieses Vorhaben wohl nicht gelingen", glaubt Rahofer. "Es ist aber sicher notwendig, die Bemühungen für einen Presserat zu verstärken", ergänzt IQ-Vorsitzender Andreas Koller.

Durch die zunehmende Professionalisierung des Journalistenberufes gibt es die Möglichkeit, ethische Fragestellungen bereits während der Ausbildung anzusprechen. "Wir bieten zwar kein eigenes Seminar zum Thema Ethik an, doch sie ist permanenter Bestandteil von Diskussionen oder abendlichen Kamingesprächen", sagt Meinrad Rahofer vom Kuratorium für Journalistenausbildung in Salzburg.

www.iq-journalismus.at

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