Keine Chance für Trübsal

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Tom McCarthy erzählt in "Station Agent" die Geschichte eines Einzelgängers, der die Einsamkeit sucht - und Freundschaft findet.

Finbar McBridge (Peter Dinklage) sieht gut aus, ist unglaublich cool, dreht seine Zigaretten selbst und hat neuerdings sogar ein Haus geerbt; er hat Stil, ein charmant-spleeniges Hobby, melancholische Augen - und er ist etwa 130 cm groß.

Als Fins Freund und Chef plötzlich stirbt und ihm irgendwo in der Einöde von New Jersey ein altes Bahnwärterhäuschen hinterlässt, zögert Fin nicht lange und zieht aufs Land. Die Seitenblicke, die geflüsterten Bemerkungen, das Gekicher - er gibt zwar stoisch vor, es nicht mehr zu hören, doch schon lange sind ihm Eisenbahnen lieber als Menschen.

Die ersehnte Einsamkeit stellt sich aber nicht ein. Vor dem neuen Domizil hat der dauerfröhliche Joe Oramas (Bobby Cannavale) seine Imbissbude aufgestellt und versucht permanent, mit Fin Kontakt zu knüpfen. Und Olivia (Patricia Clarkson), die allein lebende Malerin, die mit der Trauer um ihren kleinen Sohn ringt, hätte Fin zweimal fast überfahren. Und dann sagt sie Sätze wie "Ich hab mit 18 mal mit einem Jungen geschlafen, nur weil er seine Zigaretten selbst gedreht hat." Vielleicht nicht die besten Voraussetzungen für eine Freundschaft. Doch es hat ja niemand behauptet, dass es einfach werden würde. Denn Olivia muss dem Tod sehr nahekommen, und Finbar hat auch herbe Erlebnisse. Und doch: Ein Blick, ein Kuss, und war da nicht sogar mehr als Freundschaft?

"Station Agent" ist nicht eine Geschichte über einen Mann, der zu klein für ein normales Leben ist. Der Film erzählt vielmehr von den merkwürdigen Wegen, die Freundschaft bei ihrer Entstehung nimmt, und schreibt ganz nebenbei ein weiteres Kapitel in der schon hundertjährigen Romanze zwischen Kamera und Eisenbahn. "Station Agent" begeisterte bei Festivals und räumte etwa in Sundance drei wichtige Preise ab - kein Wunder. Ein stabiles Drehbuch, eine zurückhaltende Kamera und eine angenehm gelassene Erzählweise machen diesen Film zu einer willkommenen Abwechslung von hysterisch-historischen Blockbustern und Latex-Comicverfilmungen. Glaubhafte, wenn auch etwas stilisierte Figuren agieren, ohne dass der Zuschauer die Drehbuchseiten rascheln hört - ein entspannter Film. Hier ist übrigens die bezaubernde Michelle Williams, bekannt aus der TV-Serie "Dawsons Creek", in einer ihr angemessenen Rolle zu sehen. Empfehlung!

STATION AGENT - The Station Agent

USA 2003. Regie:Tom McCarthy

Mit Peter Dinklage, Patricia Clarkson, Bobby Cannavale, Michelle Williams.

Verleih: Polyfilm. 88 Min.

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