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Österreichs Filmproduzenten sind zerstritten - und nun in zwei Verbände aufgesplittert.

Bei der diesjährigen Diagonale gingen die Wogen hoch: Österreichs Filmproduzenten debattierten heftig über ihr Selbstverständnis - mit der Konsequenz, dass sich unter den Herstellern jener heimischen Filmware, die international großes Ansehen genießt, zwei Lager gebildet haben. Auslöser der Streitigkeiten war ein internes Papier des Verbandes der österreichischen Filmproduzenten (AAFP). Darin hatte dessen damaliger Präsident Helmut Grasser (Produzent von Filmen wie 'Hinterholz 8", 'We Feed the World" oder 'Henker") unter anderem gefordert, eine Mindest-Zuschauerquote für österreichische Filme einzuführen. Im Klartext: Produzenten österreichischer Filme, die im Inland keinen messbaren Publikumserfolg haben, sollen in Hinkunft keine oder weniger Fördergelder mehr bekommen.

Kein Geld für Publikumslose?

Der Aufschrei in der Produzentenwelt kam vor allem von Seiten junger, unabhängiger Filmemacher, die ihre eigenen Werke auch selbst produzieren - ohne etablierte Produktionsfirmen. Große Regisseure wie Michael Haneke meldeten sich ebenso zu Wort: 'Wenn diese Quotenregelung kommt, dann hätte ich nach meinem ersten Film in den 70er Jahren nie wieder einen anderen drehen dürfen", so Haneke, Regisseur von 'Caché" (2005) und 'Die Klavierspielerin" (2001).

Der Hintergrund für die geforderte Quotenregelung: Innerhalb der 'gestandenen" österreichischen Filmproduktionsfirmen (etwa Allegro-Film, Wega-Film, Dor-Film oder Epo-Film) wächst die Sorge, dass Fördergelder der Filmförderung verloren gehen. Und zwar auch an Ein-Mann-Produktionsfirmen namhafter Regisseure, die ihre Filme vermehrt selbst produzieren und auf die Hilfe der etablierten Produzenten verzichten. Die Fördergelder werden aber in ihrer Gesamtheit nicht mehr.

Das Resultat der Debatte: Etliche Produzenten (Epo-Film, Wega-Film, Dor-Film, Allegro-Film u.a.) traten aus dem AAFP wütend aus, 'weil wir uns die persönliche Vernaderung und die Veröffentlichung interner Papiere nicht länger bieten lassen wollten", so Helmut Grasser. Mittlerweile hat der AAFP einen neuen Vorstand gewählt, dem nun Gabriele Kranzelbinder von der jungen Produktionsfirma 'Amour Fou" als Präsidentin vorsteht. 'Wir bedauern den Austritt einiger Produzenten, finden es aber gut, dass nun durch geklärte Fronten ein neuer Dialog entstehen kann. Man muss auch die Umbrüche in der Filmbranche sehen: Filme können durch neue Techniken leichter und günstiger produziert werden. Daher gibt es auch viele neue, kleinere Firmen, die Filme produzieren. Das ist eine große Chance, keine Gefahr", so Kranzelbinder.

Genau jene Gefahr sieht allerdings Helmut Grasser, der mit abgespaltenen Kollegen demnächst den Konkurrenzverband 'Film Austria" gründen will. 'Es geht um die Selbstdefinition des Produzentenberufes. Wir sagen ganz klar: Wir wollen mit unseren Filmen ein Publikum erreichen, anstatt zu 100 Prozent von Fördergeldern abhängig zu sein. Das macht unfrei", so Grasser in Richtung der durchwegs 'jüngeren" Produzentenriege wie 'Amour Fou" oder 'Coop99".

Genau dieser Vorwurf, man würde als Firma lediglich am Fördertopf des Bundes hängen, weist Gabriele Kranzelbinder energisch zurück: 'So etwas zu hören, ist ein großes Ärgernis. Wir sind keine publikumsverachtenden Selbstverwirklicher. Wir denken bei unseren Produktionen sehr wohl ans Publikum. Hinter diesem Vorwurf steckt lediglich die Angst, dass neue, jüngere Produzenten in die kleine Branche nachstoßen könnten", sagt Kranzelbinder. Dass auch Kreative vermehrt als Produzenten tätig sind, ist Teil einer internationalen Entwicklung - und auch in Österreich nichts Neues. 'Man braucht sich nur anzuschauen, wer die so genannten ,Alt-Produzenten' in Österreich sind: Grasser war auch Regisseur, Epo-Film-Chef Dieter Pochlatko war Dokumentarfilmer und die Dor-Film wurde von Milan Dor mitgegründet."

Für Helmut Grasser bleibt dennoch ein Unterschied: 'Die einen versuchen, professionell Filme zu machen, während die anderen sich selbst produzierende Regisseure sind, von denen viele das Ziel haben, allein von den Förderungen zu leben. Das zerreißt natürlich das System." Immerhin räumt auch Grasser ein: 'Diese Auseinandersetzung war überfällig. Eine Krise ist immer auch eine Chance."

Überfälliger Konflikt

Und deshalb haben die beiden neuen Produzentenverbände AAFP und 'Film Austria" auch einen gemeinsamen Draht: Man betont die gegenseitige Dialogbereitschaft und will in übereinstimmenden Ansichten zusammenarbeiten. Etwa, wenn es um die Erhöhung der Filmfördergelder geht (die - entsprechend angehoben - die Streitigkeiten wohl beseitigen würden), oder darum, dass das Auftragsvolumen des ORF an die Produzenten steigen soll.

So kumuliert der Streit zwischen den Produzenten letztlich in der Einteilung von Filmen in Kunst und Kommerz-Ware. Nur letztere könnte - das zeigen die Besucherstatistiken der Kinos - für die geforderte Zuschauerquote sorgen. Doch in diesem Falle wären die Michael Hanekes und Ulrich Seidls, die Hubert Saupers und Barbara Alberts in der hiesigen Kulturszene wohl dünn gesät.

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