Land der Unbegrenzten

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Amerikanische Satiriker schreiten zur vernichtenden Diagnose ihres Heimatlandes.

Nach dem Krieg herrscht nun die Anarchie, und mit dem Irak sind auch die USA ins Rampenlicht gerückt - und in den Buchläden wohl nun auch verstärkt so manche politisch-literarische Bestandsaufnahme aus den Vereinigten Staaten, die da lautet: Durchgeknallt! Zumindest wenn man "Bowling for Columbine"-Regisseur Michael Moore oder Dave Barry, den laut New York Times "komischsten Mann Amerikas" zu Rate zieht.

Dave Barrys "Die Achse des Blöden. Eine politische Evolutionstheorie der USA" und Michael Moores "Stupid White Men. Eine Abrechnung mit dem Amerika und George W. Bush": Beide lassen sich satirisch über die Dummheit ihrer Landsleute aus, speziell jener an der Spitze der Regierung. Und so kann der Leser herzlich lachen, auch wenn ihm gar nicht danach ist.

Dave Barry geht es dabei nicht so sehr um Daten und Fakten aktueller Tagespolitik, ganz im Gegenteil, denn: "Um ein auch nur halbwegs anständiges Buch über etwas derart Komplexes wie die US-Regierung zu schreiben, muss man sich sehr lange in Washington DC aufhalten. Also beschloss ich gleich zu Beginn der Arbeit an diesem Buch, dass es kein auch nur halbwegs anständiges werden sollte.

Ich fasste diesen Beschluss, weil ich mich in Washington nicht wohl fühle. Verstehen Sie mich bitte nicht falsch: Washington ist eine schöne Stadt mit reichlich Statuen, Gebäuden und viel Kultur in Form von thailändischen Restaurants. Aber immer wenn ich dort bin, komme ich mir vor wie der einzige Mensch in der Stadt, der nie fürs Studentenparlament kandidiert hat." Während also Dave Barry den menschlichen Schwächen des homo politicus und seiner Wähler auf den Zahn fühlt, allgemeine Psychogramme erstellt und seine persönliche Evolutionstheorie amerikanischer Politik erstellt, stützt sich Michael Moore tatsächlich auf fundierte Recherchen und nicht zuletzt etliche Statistiken - ja, natürlich, wir wissen, aus einer Statistik kann man vieles lesen und davon zuweilen auch das Gegenteil ... Aber wenn auch nur ein Viertel von dem wahr ist, was er so schwarz auf weiß ans Tageslicht befördert, dann stellt sich die Frage, was heute überhaupt noch schlimm genug sein kann, einen Politskandal auszulösen. Michael Moores "Stupid White Men" erschien in Amerika noch vor dem 11. September - und nimmt doch vieles vorweg, was danach geschah.

Im Mittelpunkt beider Bücher steht die letzte Präsidentenwahl samt Vorgeschichte im Wahlkampf, das Mysterium der Stimmenauszählung und die Erstellung des aktuellen Kabinetts, über deren Mitglieder Michael Moore wenig Positives einfällt. Dave Barry beschränkt sich gleich darauf, Florida zum verrücktesten Bundesstaat der Vereinigten Staaten zu erklären (in dem man sich nicht wundern muss, wenn dessen Einwohner nicht zählen können) und titelt launig etwa in Kapitel 7: "Das Jahr 2000 - Ein Präsident wird gemacht Oder: Wir geben Florida den Spaniern zurück! (Vorausgesetzt Spanien spielt mit)".

Außerdem werden vor allem Bildungs-, Rechts- und Sozialsystem aufs Korn genommen, wobei es - zumindest bei Michael Moore - nicht unbedingt bei witzigen Anekdoten á la "Microwave is not for drying pets" bleibt. Er erzählt auch von einer ziemlich hohen Fehlerquote bei Todesurteilen, hoffnungslos unterbezahlten Piloten etlicher amerikanischer Luftlinien (wer steigt schon gerne in ein Flugzeug, wenn der Kapitän gerade darüber nachdenkt, wie er die nächste Gasrechnung bezahlen kann?) oder einem auffallenden Trend bei der Geschlechtsverteilung bei Neugeborenen. Es kommen deutlich mehr Mädchen auf die Welt als Jungen, Tendenz steigend. Kann es sein, dass der Planet genug hat von den Männern?

Dave Barry verlegt sich aufs intelligente Blödeln, erklärt uns die amerikanische Verfassung - die angeblich kaum ein Amerikaner je gelesen hat - auf seine Weise und führt das Übel dieser Welt auf Prähistorische Gigantische Zucchinis zurück. Unterschiedlicher hätten die zwei Bücher kaum ausfallen können, auch wenn sie, den Zustand ihres Heimatlandes betreffend, beide zu einem ähnlich erschütternden Ergebnis kommen. Und ganz ohne (inneramerikanischen) Antiamerikanismus propagieren zu wollen - lesenswert sind alle beide.

DIE ACHSE DES BLÖDEN

Eine politische Evolutionstheorie der USA.

Von Dave Barry.

Eichborn Verlag, Frankfurt 2003.

170 Seiten, geb., e 13,40

STUPID WHITE MEN

Eine Abrechnung mit dem Amerika unter George W. Bush.

Von Michael Moore.

Piper Verlag, München 2002.

329 Seiten, brosch., e 12,40

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