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PC-Ignoranten und Verächter von Internet-Binsenweisheiten können ihre Umgebung nerven. Manche fordern daher gar einen "PC-Führerschein".

Wieder einmal spurte bei Bernd Wagemeier der PC nicht. Der Cursor war einfach stecken geblieben, eingefroren, nichts ließ sich mehr bewegen. Also rief er, wie so oft in der Vergangenheit, seinen Freund Fritz an. Der beschrieb in Länge, aber sehr geduldig, wie der Computer wieder flott zu bekommen sei. Das klappte dann auch.

Technophile - Technophobe

Freund Fritz ist aber keineswegs immer die Regel, wie eine lebhafte Diskussion in den USA zeigt. Da nehmen die Spannungen zwischen Technophilen und Technophoben zu, zwischen PC-Technokraten, die immer alles wissen, und PC-Ignoranten, die im Grunde genommen nur die Fähigkeit besitzen, Maus und Keyboard einigermaßen zu handhaben. Sogar ein PC-Führerschein, der vor der Anschaffung eines Computers gemacht werden müsste, ist im Gespräch - in der New York Times liest sich das so:

"In Technokreisen wird sogar davon gesprochen, eine Lizenz für die Bedienung eines Computers einzuführen, so wie man den Führerschein fürs Auto braucht. Andere sprechen von Bestrafung dann, wenn ein PC-Vergehen nachgewiesen werden kann. Wer sich beispielsweise durch Öffnen eines Anhanges einen Virus einfängt und den weitergibt, könnte von seinem Provider solange vom Internet-Zugang gesperrt werden, bis er nachgewiesen hat, dass sein PC desinfiziert worden ist."

Es geht nicht um Professionelle - es geht um Freunde und Bekannte, deren Computer-Wissen immer und immer wieder (kostenlos) angezapft wird, um irgendwie aus einer PC-Bredouille zu kommen. Die fühlen sich nämlich mehr und mehr ausgenutzt, weshalb viele von ihnen jetzt rebellieren. "Die sollen sich doch endlich ein Buch holen", meint beispielsweise Zack Rubinstein, 28, "damit sie sich selbst helfen können. Die haben studiert und vielleicht eine Doktorarbeit geschrieben - aber wenn es um ihren PC geht, spielen sie die Hilflosen. Auch das kann man lernen".

Er ärgert sich vor allem, wenn er "bei Dummheiten", wie er formuliert, zu Hilfe gerufen wird: Da bleibt ein Monitor "tot", weil er nicht an die Steckdose angeschlossen ist, da arbeitet ein Drucker nicht mehr, weil ein Blatt Papier stecken geblieben ist. "Das kann man nun doch wirklich selbst lösen", sagt Rubinstein.

Diese leidige PC-Ignoranz

Seine Freundin Miriam Tauber, 24, ist ganz anderer Meinung. Sie entschuldigt sich nicht einmal für ihre PC-Ignoranz. Für sie sind Computer wie "launische Menschen", die "nicht logisch" sind. Und wenn Menschen, wie ihr Freund Rubinstein, "eine für jedermann verständliche Sprache sprechen würden", sähe die PC-Welt schon rosiger aus. "Die reden von PDFs und einer Millionen anderer Dinge und Abkürzungen, die mit dem normalen Leben absolut nichts zu tun haben."

Ein gutes Beispiel dieser Debatte, die in den USA und anderswo geführt wird, ist der Rechtsanwalt David Hale, 25, in St. Louis. Er hat den PC seiner Eltern in den letzten Monaten mehrfach auf Vordermann bringen müssen, weil - wie er letztlich herausfand - sein Vater jegliche E-Mail und samt Attachments öffnete und sogar beantwortete. Der 47 Jahre alte Vater hatte zwar von der Problematik mit Spam-Mail gehört, sich aber nicht groß darum gekümmert - der Filius würde ja doch alles wieder einrenken. Der installierte auf dem PC seines Vaters kürzlich eine Antivirus-Software. Um endlich Ruhe zu haben.

Internet-Binsenweisheiten

Ignoranz ist auch vorherrschend, wenn seit Jänner MyDoom sein Unwesen treiben kann, der schnellst um sich greifende Virus, den es je gab. Dabei, so meinen die Technophilen und PC-Gewitzten, müsste inzwischen jedermann wissen, wie man eine Virus-Attacke verhindern kann. Dies ist schließlich inzwischen eine allgemein gültige Internet-Weisheit:

Niemals ein von unbekannter Seite kommendes Attachment öffnen! Da lauert ja auch das Unheil mit MyDoom. Denn öffnet man, setzt sich MyDoom sofort im Adressbuch fest, in jedem der Namen, in jeder der dort gespeicherten E-Mail-Anschriften. Und wird an eine solche infizierte Adresse eine E-Mail geschickt, geht MyDoom wieder mit auf Reisen. Und irgendwann bringt MyDoom dann einen Computer oder ganze Systeme zum Erliegen.

Und dann braucht man einen Technophilen. Wenn man technophob ist.

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