Mediale Schamlosigkeit

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Man kann nicht zur Tagesordnung übergehen. Die "Enthüllungen" aus den Vernehmungsakten von Natascha Kampusch waren eine Grenzüberschreitung, die niemand in Österreich hinnehmen sollte [ ]

Sex sells. Crime sells. Sex and Crime sells dann ganz besonders gut. Das von Hans Dichands Schwiegertochter geleitete Gratisblatt [] hält sich penibel und ohne Genierer an dieses Medien-"Gesetz": Schlüpfrige Andeutungen aus dem Polizeiakt, entsprechende Fotos dazu. Und ein gefundenes Fressen für die Scheinheiligkeit der Konkurrenz: Das zu einem Gutteil gleichfalls gratis verteilte Tagblatt aus dem Fellner-Reich kann sich über den Sudel-Journalismus des Mitbewerbers empören und gleichzeitig diesen exzessiv weitertreiben: Ein Interview mit dem Vater von Frau Kampusch etwa, der die unappetitlichen Details auf die Spitze treibt. Er wäre doch so gerne Opa, wird er zitiert, und das Fellner-Blatt erzeugt bei Leserin und Leser alsogleich dunkle Ahnungen: Was passierte, wenn wirklich ein Baby ? [ ]

Seit 1992 der Presserat zu Grabe getragen wurde, existiert nicht einmal mehr eine zahnlose Instanz, in der sich die Branche selbst mit einer flagranten Verletzung der Menschenwürde in den Medien auseinandersetzt. Österreich ist somit meilenweit von Europareife entfernt - und wie die beschriebene Affäre zeigt, ist eine Selbstkontrolle der Medien, die auch ein Instrumentarium an Sanktionen beinhaltet, überfällig. Nr. 17 /24. April 2008

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