Medien und Religionspolitik

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Tragen Medien zu globalen wielokalen Religionskonflikten bei? Oder können sie helfen, diese zu lösen? Anmerkungen nach einem Journalistenkolloquium.

Jyllands Posten, die Zeitung, die 2005 die Muhammad-Karikaturen veröffentlichte, - welche weltweiten Aufruhr hervorriefen: Jan Lund, damals Auslandsredakteur des dänischen Tagblatts, erzählt, wie überraschend der weltweite Furor war, der über seine Zeitung und dänische Einrichtungen hereingebrochen war. Sie hätten schlicht nicht gewusst, was die Darstellung des Propheten für manche islamische Denk- und Rechtsschulen bedeutet. Erst nach und nach und im Lichte der Ereignisse wurde auch den Journalisten klar, in welch gefährlichen Wassern sie da unterwegs waren.

Solches Beispiel zeigt, wie schnell - auch säkulare - Medien in Religionskonflikte der Gegenwart involviert sind. Ein gutes Dutzend Journalisten aus Europa und Asien diskutierten diese Fragen beim diesjährigen Journalistenkolloquium der Asia Europe Foundation ASEF, das Anfang Juni in Amsterdam stattfand. Im Fall von Jyllands Posten zeigte sich, wie sehr ein zu geringes Bewusstsein für religiöse Brisanz globale Wirkungen haben kann.

Die philippinische Muslima und Menschenrechtsaktivistin Amina Rasul kann ein ähnliches Lied singen - wenn auch in anderem Zusammenhang: Auf den Philippinen, in deren Süden es Konflikte mit der muslimischen Minderheit gibt, finden Journalisten oft ausschließlich Informationen von Regierungsseite vor - und geben diese ungeprüft weiter. Auseinandersetzungen mit der muslimischen Minderheit kommen daher in den philippinischen Medien unter dem Stichwort "Terrorismus" aufs Tapet - und so schaukelt sich ein schwelender Konflikt weiter hoch.

Beide angesprochene Fälle zeigen, dass Medien Player auf dem Gebiet der Religionspolitik sind - global wie lokal. Welche Rolle der Medien ist dabei wünschenswert? Können Medien gar zur Lösung von Religionskonflikten beitragen? Die Diskussionen der Journalisten in Amsterdam führten zu 14 Vorschlägen, die von den staatlichen Vertretern des Asia-Europe-Interfaith Dialogue (vgl. Furche 24, Seite 11) in ihre Schlusserklärung aufgenommen wurden.

Eine Möglichkeit, die Auseinandersetzung mit Angehörigen religiöser Gruppen fruchtbar zu machen, so lautete eine der Empfehlungen, sind öffentliche Debatten, die im TV ausgestrahlt oder - weitaus billiger - als Webcast verbreitet werden. Vor allem in Ländern mit lokalen Religionskonflikten findet solch öffentlicher Diskurs allzu selten statt. Printmedien hingegen sind für ärmere Bevölkerungsschichten - auch wegen des geringen Bildungsniveaus - oft außerhalb der Reichweite. Aufgabe von Zeitungen in Ländern wie etwa den Philippinen ist es daher eher, Multiplikatoren wie religiöse Führer zu ereichen und zu informieren.

Ein Schwerpunkt der Empfehlungen betraf die Neuen Medien: Moderne Information und Kommunikation ohne das Internet sind nicht mehr denkbar - mit allen Formen wie Blogs oder Portalen wie Facebook oder MySpace. Die Herausforderung dieser Art von Kommunikation ist die Frage, wie glaubwürdig die Informationen sind, die dabei verbreitet werden. Dazu kommt, dass gerade im Bereich der Religion fundiertes und differenziertes Wissen der Medienmacher nötig ist, um korrekt zu berichten. Daher die Empfehlung, ein an Wikipedia orientiertes Open-Source-Informationssystem für religiöse Inhalte zu entwickeln.

Eine andere Möglichkeit, weltweit Zugang zu glaubwürdigen Informationsquellen zu schaffen, ist die Verwendung von Internetangeboten, die sich dem Anliegen verschrieben haben, hochrangige Expertise auch zum Thema Religion(en) weltweit zur Verfügung zu stellen. Ein besonders wichtiges Beispiel dafür ist die von der UNO initiierte Webseite www.globalexpertfinder.org, wo sich die führenden Experten und Kommentatoren zu interkulturellen Krisen zur Verfügung stellen.

Einig waren sich die in Amsterdam versammelten Journalisten, dass für korrekte Berichterstattung die Einhaltung journalistischer Standards und ethischer Kriterien unabdingbar bleibt. Klar war aber auch, dass die Medienleute nicht die einzigen Player auf diesem gebiet sind: Auch Regierungen, die ein genuines Interesse an Informationsverbreitung in ihrem Sinn (und daher etwa das Internet - wahrscheinlich letztlich erfolglos - zu beschränken suchen ) sind in die Pflicht zu nehmen.

INFOS: www.asef.org/index.php?option =com_project&task=view&id=14

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