Medienanstalt im Eiltempo

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Mit der Formierung der "KommAustria" steht der Medienpolitik ein heißer Herbst ins (Hohe) Haus.

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Mit der Formierung der "KommAustria" steht der Medienpolitik ein heißer Herbst ins (Hohe) Haus.

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Noch hüllt man sich in diskretes Schweigen. Das Büro von Medienstaatssekretär Franz Morak (ÖVP) wollte zu Detailplänen bezüglich der geplanten Medienbehörde einstweilen nichts sagen. Nur soviel: "Es handelt sich lediglich um Vorschläge, die jetzt diskutiert werden, keineswegs um ein endgültiges Konzept". Dieses werde aller Voraussicht nach erst im Oktober vorliegen.

Für Gesprächsstoff sorgen die Vorschläge der Regierung zur KommAustria (Kommunikationskommission Austria) aber jetzt schon. In dieser neuen Behörde sollen künftig alle Bereiche der Kommunikation gebündelt werden, von Privatradio und Privatfernsehen über die Bestellung des ORF-Generalintendanten bis hin zu sämtlichen Telekommunikations-Belangen, inklusive der Vergabe von Sendelizenzen.

"Zwischen den Bereichen existieren schon frappante Unterschiede", meint der Wiener Medienrechtsexperte Heinz Wittmann. Orientiert habe man sich dabei am Schweizer Vorbild, wo zwei verschiedene Abteilungen die unterschiedlichen Bereiche bearbeiten. "Die Berührungspunkte zwischen Telekommunikation, Radio und Fernsehen sind nicht so dramatisch wie in den kühnen Träumen der Politiker", meint Wittmann.

Wovon also träumt die Bundesregierung? Bei den Privatradios will man künftig auch bundesweite Sender zulassen, um eine Gleichstellung mit den ORF-Programmen zu erreichen. Die Sendegebiete sollen neu definiert, Doppel- und Mehrfachfrequenzen des ORF sollen beseitigt werden. Die Unterscheidung zwischen Lokal- und Regionalradio fällt. Medieninhaber können sich künftig mit 100 Prozent an einem Radiosender beteiligen. Die Rechtsform Verein, die vor allem Freie Radios verwenden, ist in Zukunft untersagt.

Im TV-Bereich denkt man über gesetzliche Rahmenbedingungen von privatem Fernsehen nach und plant eine Umstrukturierung der ORF-Führungsmodi. So soll der Generalintendant in Hinkunft mit einfacher Mehrheit gewählt werden können, das Kuratorium solle Aufsichtsrechte erhalten. Der öffentlich-rechtliche Auftrag soll präzisiert werden, etwa im Bereich der Sendungen für Volksgruppen.

Der Präsident der KommAustria soll auf zehn Jahre gewählt werden, "damit er auch etwas umsetzen kann" (Morak). Drei Kommissionen teilen sich die Fachgebiete untereinander auf, finanzieren soll sich die Behörde nicht aus staatlichen Mitteln, "um ihre Unabhängigkeit zu wahren". Vielmehr soll das Geld aus dem Frequenznutzungsbereich lukriert werden (Stichwort: UMTS).

Die Regierung will eine Umsetzung im Rekordtempo: Noch heuer soll das Gesetz zur Bildung der Behörde in den Verfassungsrang gehoben werden. Vorausgesetzt, die SPÖ spielt mit. Ihre Stimmen werden nämlich benötigt, um die erforderliche Zweidrittelmehrheit zum Beschluss von Verfassungsgesetzen zu erreichen.

Aus der SPÖ tönen allerdings kritische Töne zu den Plänen: Die langen Amtszeiten würden den Präsidenten und die Mitglieder der drei Kommissionen "alles andere als unabhängig" machen, meint SP-Mediensprecher Josef Cap und signalisiert Gelassenheit: "Ich habe da keinen Regulierungsstress". "Wir können über vieles verhandeln", meinte indes Staatssekretär Morak: "Aber nicht über alles."

Für den Fall, das die SPÖ nicht mitspielt, überlegt die Regierung Alternativen. "Es muss nicht unbedingt eine in Verfassungsrang stehende Behörde sein", analysiert Heinz Wittmann. Genauso könne eine in erster Instanz weisungsgebundene und in 2. Instanz von unabhängigen Aufsichtskommissionen kontrollierte Behörde ähnlich arbeiten. "Beides hat Nachteile", so Wittmann. "Hebt man das Gesetz in Verfassungsrang, entzieht sich die Behörde der parlamentarischen Kontrollen. Bleibt die Behörde politisch 'abhängig', hat sie nicht den Spielraum, den sie braucht".

Für heiße Diskussionen ist in diesem Herbst gesorgt. "Man nimmt sich sehr viel vor", sagt Heinz Wittmann: "Radio-, TV- und Telekom-Betriebe begrüßen die Ideen, aber der Ansatz ist etwas blauäugig. Denn die vielen Vorschläge müssen erst einmal auf den Boden gebracht werden".

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