Mehr als ein Sekundenstreit

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Zwanzig Sekunden lösten am 27. September, dem bundesdeutschen Wahlabend, ziemlichen Ärger aus. Denn genau zwanzig Sekunden vor 18 Uhr, also zwanzig Sekunden bevor die Wahllokale schlossen und die öffentlich-rechtlichen Anstalten ARD und ZDF die ersten Hochrechnungen losließen, war Konkurrent RTL schon unterwegs und beglückte das deutsche TV-Publikum mit der wirklich allerersten Wahlprognose. Ein Vorgang am Rande der Legalität (in Deutschland darf - ähnlich wie in Österreich - erst nach der Schließung der Wahllokale über Ergebnisse berichtet werden), gleichzeitig aber auch am Rande der Lächerlichkeit: Der Privatsender hoffte, durch das vorlaute Auf-Sendung-Gehen dem Zuschauer zu signalisieren: RTL hat auch im News-Bereich die Nase vorn. ARD und ZDF zürnten eben wegen dieses Versuchs.

Nüchtern betrachtet scheint es nicht der Rede wert, über die zwanzig vorweggenommenen Sekunden echauffiert zu sein. Trotzdem kam es nach dem deutschen Wahlsonntag darob doch zu einem öffentlichen Disput zwischen den Sendern. Die kleine Aufregung zeigt zumindest deutlich, welches Niveau die Auseinandersetzung um Marktanteile und Zuschauer schon erreicht hat, für manche Beteiligte ist kein Mittel zu banal, sodaß gar kleine Gemeinheiten - wie die beschriebenen Minutenbruchteile - gegen die Konkurrenz eingesetzt werden.

Wenn aus dem deutschen Affärchen eines zu lernen ist, dann dies: Auch der Kampf ums Nachrichtengeschäft ist beinhart, keine Strategie ist zu absurd. Und niemand wundert sich mehr, wenn (wie auch im nebenstehenden Artikel dargestellt) auf dem US-Markt alles noch dramtischer aussieht und ein Nachrichtensender wie CNN schon deswegen arg ins Hintertreffen gerät, weil er bei einem Flugzeugabsturz ganze acht Minuten später als ein Konkurrenzkanal ins Geschehen einstieg.

Die rüden Methoden auf dem Nachrichtensektor lehren eines: Wo Schnelligkeit zum Hauptkriterium für Information wird, steigt die Gefahr, daß statt belegbarer Fakten bloß Ahnungen und Fiktionen produziert werden. Bei den TV-Konsumenten sollten die Alarmglocken daher ordentlich schrillen.

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