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"Wer ist Journalist?" fragte die Initiative Qualität im Journalismus (IQ).Wenn das so einfach zu beantworten wäre...

Franz Manola könnte das Format vielleicht noch retten. Jedenfalls hat der ORF-ON-Geschäftsführer eine Idee, wie dem schwer angeschlagenen Magazin aus dem Hause Fellner zu helfen wäre. Das Schlüsselwort lautet: Interaktivität. Eine - stark geschrumpfte - Redaktion stellt die Themen der nächsten Zeit ins Netz und damit zur Diskussion. Statt dass man die Leserbriefe zu den einzelnen Geschichten eine Woche später abdruckt, hat man sie, quasi in erweiterter Form, als Debattenbeiträge, schon im voraus und arbeitet sie in die Geschichten ein, meint Manola. Die Leserinnen und Leser schreiben also, kostenlos natürlich, am Produkt mit. Fein!

Ob Format so oder überhaupt noch zu retten ist, wissen wir natürlich nicht. Darum ging es aber auch bei der dieser Tage in Wien abgehaltenen Veranstaltung der "Initiative Qualität im Journalismus" (IQ; s. u.) gar nicht. Die Fragestellung des Abends lautete: "Wer ist Journalist?" - und dementsprechend versuchte Manola aufzuzeigen, in welche Richtung sich der Journalismus weiter entwickeln wird. Dem Internet-Zampano des ORF kam da gewissermaßen ex offo die Rolle des Fortschrittsoptimisten zu. Dennoch konnte er beruhigen: Den klassischen Journalismus wird es weiter geben. Daneben aber werde sich eine Art Amateur-Journalismus weiter ausbreiten, wie er sich schon heute in den Postings (elektronischen Kommentaren zu Zeitungsartikeln im Netz) oder etwa in den Weblogs (interaktive Online-Tagebücher) manifestiere.

Einen Zugang zum Thema ganz anderer Art hat Engelbert Washietl, IQ-Vorsitzender und stellvertretender Chefredakteur des Wirtschaftsblatts. Er ortet einen "Drift zum Billigjournalismus" und sieht etwa in den Turbulenzen, die den Standard oder Format durchbeuteln, "Signale, die Sorge bereiten". "Was wir derzeit am wenigsten brauchen können, ist eine Kaisermühlisierung des Journalismus", so Washietl.

Zu einem ähnlichen Befund in anderer Sprache kam der Kommunikationswissenschaftler Siegfried Weischenberg: Er diagnostiziert "Ökonomisierung" und "Deprofessionalisierung" als Trends in der Medienbranche. Wir hätten es, so Weischenberg, mit Entgrenzungen zu tun - zwischen Information und Unterhaltung, zwischen redaktionellen Inhalten und PR. Das eine wird im Schlagwort "Infotainment" anschaulich - laut Weischenberg die Suggestion, dass es "Wissen ohne Anstrengung" geben könne; das andere lässt sich mit den überhand nehmenden Verlagsbeilagen aller Art illustrieren. Diese Vermischungen gefährden - nicht nur in den Augen des Medienprofessors - jenes Gut, das Verleger, Herausgeber in Sonntagsreden gern als höchstes beschwören: die Glaubwürdigkeit.

Wer also ist - in dieser von Entgrenzungen gekennzeichneten Branche - dann noch Journalist? Heinz Nußbaumer, IQ-Sprecher und Furche-Herausgeber, hätte es schon für sich selbst gerne einmal gewusst, wie er eingestand: Als Außenpolitiker beim Kurier, da war die Sache klar; aber als Sprecher der Bundespräsidenten Waldheim und Klestil, als Herausgeber, als Moderator des kreuz & quer-Philosophicums - was ist er da?

Dennoch: Gerade vor dem Hintergrund der Entwicklungen sei es wichtig, "zu wissen, wer wir sind", postuliert Nußbaumer: "Wir müssen im eigenen Interesse Abgrenzungen vornehmen, auch wenn es schwierig ist." Und als warnendes Schlusswort: "Es besteht die Gefahr des Scheiterns in der Abwehr medienethischer Zumutungen".

Für diese Abwehr, so steht zu vermuten, wird die lustvoll praktizierte Interaktivität zwischen Profi- und Amateur-Journalisten jedenfalls nicht ausreichen.

Die Initiative Qualität im Journalismus (IQ),

gegründet 2000, ist ein Netzwerk von Personen und Einrichtungen, die sich kritisch-konstruktiv mit Rahmenbedingungen und Entwicklungen im Medienbereich auseinandersetzen.

Kontakt: Dr. Engelbert Washietl (Vorsitzender); Tel. (01) 60 117-252, e.washietl@wirtschaftsblatt.at

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