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Foto mit Dalai Lama ist zu wenig

Gut, dass das Weiße Haus in Washington so viele repräsentative Zimmer hat. So kann US-Präsident Barack Obama den Dalai Lama diesen Donnerstag im sogenannten Map Room (Kartenzimmer) treffen. Ist auch ein tolles Ambiente, und die chinesische Führung muss nicht ganz so böse auf die Amerikaner sein, weil dem Oberhaupt der Tibeter das Oval Office verschlossen und damit die höchste protokollarische Ehre, die Staatsgästen zuteil werden kann, verwehrt bleibt.

Jetzt hat das Oval Office seit Bill Clinton sowieso einen eher schlüpfrigen Ruf und Kriegspräsident George W. Bush soll das Raumklima völlig vergiftet haben. Der Dalai Lama braucht also schon aus diesen Gründen der versperrten Office-Tür nicht nachtrauern. Noch dazu, wo der Map Room Präsident Franklin Roosevelt während des Zweiten Weltkriegs als Lagebesprechungszimmer diente, wo über Landkarten gebeugt, der Frontverlauf diskutiert wurde. Das passt doch viel besser.

Totenstille an China-Tibet-Front

Im Unterschied zu Roosevelt damals können sich aber heute weder der Dalai Lama noch Barack Obama über Erfolge freuen: Die chinesisch-tibetische Front ist einzementiert. Keine Bewegung auf chinesischer Seite, trotz tibetischer Zugeständnisse und Dialogangebote sonder Zahl. Die massive Zuwanderung von Han-Chinesen in Tibet wird fortgesetzt, die Tibeter im eigenen Land zur Minderheit gemacht. Politische und kulturelle Unterdrückung der Tibeter sowie wirtschaftliche Ausbeutung Tibets stehen an der Tagesordnung. Und rührt sich tibetischer Widerstand, wird dieser brutal niedergeschlagen.

Leider wird sich daran auch nach dem Treffen zwischen Obama und dem Dalai Lama nichts ändern. Obama wird seine Solidarität mit dem tibetischen Volk bekräftigen, seine Heiligkeit wird auf dem Pressefoto lächeln – und das war’s dann auch schon. So wie bei den zahlreichen Besuchen des Dalai Lama im Weißen Haus zuvor – wie viele US-Präsidenten haben Tibet schon ihre Unterstützung zugesagt? Sehr viele – ohne Erfolg.

Peking wird noch einmal wütend aufstampfen und dann die Sache auf sich beruhen lassen. Man hat ja schließlich über wichtigere Probleme Einvernehmen zu finden: die Iran-Sanktionen, die US-Waffen an Taiwan, US-Importzölle auf chinesische Produkte, die Aufwertung der von Peking künstlich niedrig gehaltenen chinesischen Währung Yuan, die riesigen Dollar-Reserven in chinesischen Händen, und, und, und …

Ergebnislose Small-Talk-Diplomatie

Peking wird auch verstehen, dass Obama dieses Treffen innen- wie außenpolitisch so nötig hat wie ein Verhungernder einen Bissen Brot. Nationale wie internationale Menschenrechtsorganisationen und Hollywoods Solidaritäts-Aktivisten sowieso hätten „ihren“ Präsidenten gegeißelt. Sogar die US-Republikaner hätten ihm Feigheit vor der aufstrebenden Supermacht China vorgeworfen, wäre Obama so wie im Vorjahr einem Treffen mit dem ersten Tibeter ausgewichen.

Somit musste Obama seine Tibet-Duftmarke setzen. Doch auch sie wird nichts an der vergifteten Atmosphäre in diesem Konflikt um ein freies oder autonomes oder unabhängiges Tibet ändern. China verweigert sich jedem Angebot – und schafft in Tibet nicht mehr umkehrbare Fakten.

In Tibet und unter den Exil-Tibetern bleibt diese ergebnislose Small-Talk-Diplomatie nicht unbemerkt. Und löst Verzweiflung aus, denn der politische, gewaltfreie Kampf um Tibet scheint verloren. Die weltweite Sympathie für die tibetische Sache ist schön, aber sie nützt nichts. Aber die tibetische Jugend – in Tibet und im Exil – will diesem Untergang nicht länger zusehen. Der Protest wird aggressiver werden und konfrontativer. „Aber nicht außerhalb der Grenzen der Gewaltlosigkeit“, sagte im Vorjahr ein Anführer dieser jungen tibetischen Unabhängigkeitsbewegung im FURCHE-Gespräch. Ihr Vorbild ist Mahatma Gandhi – und der war auch ohne Einladung ins Weiße Haus erfolgreich.

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