Menetekel Unübersehbar

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Vor zehn Jahren war er der Brutus gewesen: Er ließ mit einer Anti-VP-Koalition seine Chefin Monika Lindner fallen. Anno 2016 tat sich die Konstellation in umgekehrter Richtung auf. Aber Alexander Wrabetz konnte von seinem Finanzchef Richard Grasl nicht vom ORF-Thron gestürzt werden, wenn das Ergebnis auch knapp ausfiel. Nun ist der alte ORF-General wiederum der neue.

Auch ein anderes Wahlergebnis wäre keine Revolution gewesen, zu lange hatten Wrabetz und Grasl in der größten heimischen Medienanstalt gewerkt, als dass eine umfassende Innovation erwartbar war. Die wird dennoch grundsätzlich nötig sein. Denn wie der ORF als öffentliche Anstalt in der disparaten und vor allem Social-Media-gesteuerten Gegenwart und Zukunft reüssieren kann, bleibt eine offene Frage, die von beiden Bewerbern nicht schlüssig beantwortet wurde. Klar bleibt, dass der ORF nicht mehr Leitmedium ist; und dagegen, dass mehr und mehr Zeitgenossen auf selektive Information aus dem Netz (siehe etwa das ideologische FPÖ-TV) setzen, scheint zurzeit kein Kraut gewachsen.

Dennoch ist die Ansage von FP-Stiftungsrat Norbert Steger eine gefährliche Drohung: Man habe ja eh nur für ein gutes Jahr gewählt, denn er schreibe schon im Auftrag der FPÖ an einem neuen ORF-Gesetz, das, wenn diese Partei in der Regierung sei, kommen solle. Nun kann man am aktuellen ORF-Gesetz einiges kritisieren, aber die journalistische Unabhängigkeit und Ausgewogenheit des ORF darf nicht angetastet werden. Alexander Wrabetz ist jedenfalls zugute zu halten, dass die politische Einflussnahme in der ORF-Information wenig spürbar ist (mit Ausnahme im einen oder anderen Landesstudio, denn laut österreichischer Realverfassung sind auch beim ORF Landeshauptleute mitunter mächtiger als bundespolitische Player).

Diese Unabhängigkeit gilt es zu behaupten, auch wenn die Menetekel unübersehbar sind: Wo zuletzt rechtspopulistische Regierungen ans Ruder kamen (etwa in Polen), wurde als allererstes die jeweilige öffentliche Rundfunkanstalt an die staatliche Kandare genommen. Man mag sich nicht ausmalen, dass auch der ORF auf solches Szenario zusteuern könnte.

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