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Die "Diagonale" in Graz prämiert mit Jessica Hausners "Hotel" eine Genre-Übung. Und: Staatssekretär Franz Morak war heuer da.

Ein Preisträgerfilm, mit dem eigentlich niemand ernsthaft gerechnet hatte: "Hotel" der Wiener Filmemacherin Jessica Hausner wurde bei der Diagonale gleich doppelt ausgezeichnet. Zum einen mit dem Preis für das beste Drehbuch (dotiert mit 11000 Euro), zum anderen mit dem Großen Diagonale-Preis (15000 Euro), dem Hauptpreis der Veranstaltung in Graz. Zum Einstand des neuen Führungstrios Birgit Flos, Robert Buchschwenter und Georg Tillner gewann ein Film, der eher eine Genre-Übung ist, ein Experiment.

"Große Gesamtleistung"

Hausner erzählt in "Hotel" von den seltsamen Vorkommnissen in einem Alpenhotel - die junge Protagonistin (Franziska Weiss) ist eine auszubildende Hotelkraft, deren Vorgängerin spurlos verschwunden ist und die sich auf die Suche nach des Rätsels Lösung macht. Allerdings bleibt der Ausgang der Geschichte offen, was die zuvor aufgebaute (und ruhig inszenierte) Spannung schlagartig in Luft auflöst.

90 Minuten warten die Zuschauer auf die Lösung eines Rätsels - und Hausner enttäuscht die Erwartungen schwer - aber bewusst. Für die Jury (u.a. mit Petra Morzé und dem Filmemacher Peter Liechti besetzt) war gerade dieser Umstand preiswürdig: "Die Jury möchte Hotel' als große Gesamtleistung auszeichnen, bei der sich der Mut zur Reduktion, das Vertrauen auf entschleunigte Erzählweise und der Verzicht auf psychologische Erklärungen zu einem stimmigen Ganzen fügen", hieß es in der Jury-Begründung. Immerhin hat sich Hausner mit "Hotel" erfolgreich von der atmosphärischen Tristesse des österreichischen sozialkritischen Films distanziert und versucht, einen atmosphärischen Thriller umzusetzen.

Allerdings: Die Genre-Vorbilder von Hitchcock bis Lynch zu zitieren reicht vielleicht aus, um eine Jury zu beeindrucken, nicht aber, um ein zahlendes Publikum zu packen. Zum regulären Kinostart von "Hotel" am 1. April wird sich dies vermutlich dann auch in handfesten Zahlen bestätigen.

Doch die Diagonale ist bekannt für unkonventionelle, unerwartete Entscheidungen und Vorkommnisse. Etwa, als vor einigen Jahren "Jedermanns Fest" prämiert wurde, der beim Diagonale-Publikum für die lautesten Buh-Rufe der Festivalgeschichte sorgte. Oder der im Vorjahr beigelegte Streit um die Neuausrichtung des Festivals, den die Branche mit Verve gegen Kunststaatssekretär Franz Morak führte.

Preise wie noch nie

Noch eine Überraschung brachte die heurige Filmschau in Graz: Morak, der der Veranstaltung bislang meistens fern blieb, erschien zur Preisverleihung. Der Künstler-Politiker wurde zwar freundlich empfangen, zwischen den Zeilen aber war die Spannung deutlich zu spüren, die in dieser seltenen öffentlichen Begegnung von Branche und Morak lag.

Besonders schwer tat sich die Filmkünstlerin Mara Matuschka, die für ihr Werk den Würdigungspreis für Filmkunst aus den Händen von Morak entgegennahm. Faule Eier flogen aber keine - oder womöglich nur in den Köpfen einiger Besucher der Veranstaltung.

Profiteure von Geldpreisen waren zum Ende der Diagonale zahlreich gesät: Noch nie wurden so viele Preise verliehen. Der Preis für innovatives Kino (6000 Euro) ging an Gerhard Friedl für seinen Film "Hat Wolff von Amerongen Konkursdelikte begangen?". Die Diözese Graz-Seckau (4000 Euro) prämierte den Dokumentarfilm "Forst" von Ascan Breuer, Ursula Hansbauer und Wolfgang Konrad, die Jugendjury zeichnete den Nachwuchsfilm "Echos" von Michael Ramsauer aus (4000 Euro).

Nur wenig Herausragendes

Drehbuchpreise heimsten neben Jessica Hausner auch noch "Echos" und "Crash Test Dummies" ein. Geld gab es zudem für die neuen Kategorien Bester Schnitt und Innovative Produktionsleistung.

Der ausgeschüttete Geldregen freut die Filmemacher, die Intendanz freut sich wiederum über 25.000 Besucher in sechs Festivaltagen. Weniger dürften sich Birgit Flos & Co. über den Siegerfilm "Hotel" gefreut haben - bei der Preisverleihung blieb die Juryentscheidung auffallend unkommentiert.

Das Programm der diesjährigen Diagonale wiederum zeigte vor allem eines: Neben den herausragenden Werken einzelner Filmemacher, darunter etwa Manfred Neuwirths Doku "Tibet Revisited" oder "Operation Spring" von Angelika Schuster und Tristan Sindelgruber dominierte vor allem die Mittelmäßigkeit. Davor ist auch der künstlerisch erfolgsverwöhnte österreichische Film nicht gefeit.

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