Nachrichtenmächtig

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55 Jahre Austria Presse Agentur - eine Erfolgsgeschichte im Hintergrund.

Die Printmedienlandschaft Österreichs wird - trotz kartellnaher Zusammenballungen - im Wesentlichen von privaten Mitspielern bestimmt. Das darf als bekannt gelten. Ebenso die Lage der elektronischen Medien, die sich zur Zeit aus - noch kleinen Pflänzchen - Privatradios und dem öffentlich-rechtlichen Goliat ORF, zusammensetzen, die Ära nennenswerten Privat-TVs steht ja erst demnächst bevor.

Neben diesen Medien gedeiht - nicht ganz im Vordergrund, aber in den letzten Jahren expandierend - ein weiterer gewichtiger Player: die Austria Presse Agentur - APA. Vor kurzem beging diese nationale, aber nicht in staatlichem oder staatsnahem Eigentum befindliche Nachrichtenagentur ein unrundes Jubiläum: 1946, also vor 55 Jahren, wurde sie als unabhängige Agentur gegründet, auch wenn sie auf - staatlichen - Vorläufern (1849 Oesterreichische Correspondenz, 1859 K.k. Telegraphen-Korrespondenz-Bureau, 1922 Amtliche Nachrichtenstelle ANA, 1938 Zweigstelle Wien des Deutschen Nachrichten-Büros) aufbaute.

Das Nachrichtenwesen - jedenfalls im zentraleuropäischen Raum - war lange Zeit eine staatliche Domäne. Josephinismus, Metternichs Restauration, Donaumonarchie, Erste Republik, Ständestaat, Drittes Reich waren von unterschiedlich intensiven Versuchen des Staates gekennzeichnet, Informationsflüsse zu lenken und zu beeinflussen. Dass nach dem Zweiten Weltkrieg in Österreich zunächst vor allem die Parteizeitungen reüssierten, war wohl eine Folge dieser Entwicklung.

Interessant und wenig bekannt ist aber die Tatsache, dass die 1946 gegründete APA von Anfang an nicht unter staatlicher Kuratel stand. Dies war weniger eine Folge innerösterreichischer Bedürfnisse, sondern ging aus Prinzipien hervor, die Präsident Roosevelt und Winston Churchill für eine Nachkriegsordnung in Europa formuliert hatten. Aufgrund dieser Prinzipien gründeten die angelsächsischen Agenturen Reuters und Associated Press in Nachkriegseuropa Agenturen, die journalistischer Unabhängigkeit verpflichtet waren. Auch das Design der APA entsprang diesem Impuls.

1946 wie heute ist die Austria Presse Agentur eine Genossenschaft der meisten österreichischen Tageszeitungen. Später stieß auch der Österreichische Rundfunk zu den Genossenschaftern. Hinzuzufügen ist allerdings, dass das größte Printmedium im Lande, die Kronen Zeitung, nicht der APA-Genossenschaft angehört: Dass sich das meistgelesene Blatt nicht auf eine professionelle Nachrichtenagentur stützt, wirft ein bezeichnendes Licht auf die journalistische Professionalität in Hans Dichands Medienhaus.

Die Medienhistoriker Edith Dörfler und Wolfgang Pensold haben unter der Herausgeberschaft von APA-Geschäftsführer Wolfgang Vyslozil die Geschichte der Nachrichtenagenturen in Österreich herausgebracht; ihr Buch "Die Macht der Nachricht"geht den Entwicklungen des Nachrichtenwesens seit dem Mittelalter penibel nach.

Nicht nur für Geschichte-Freaks ist das ist das voluminöse Werk (600 Seiten!) eine kurzweilig geschriebene Informationsquelle. Man erfährt darin über die optische Telegraphie der napoleonischen Heere ebenso wie die Tatsache, dass es in Wien beim Ausbruch der Märzrevolution 1848 - also noch vor der Gewährung der Pressefreiheit - bereits 300 "Printmedien" gab, darunter 86 Tageszeitungen.

Den medienpolitischen Entwicklungen in der Monarchie, den beiden Weltkriegen und im Österreich danach wird ebenso nachgegangen wie den Krisen der APA in ihrer 55-jährigen Geschichte: 1983 trat die Tiroler Tageszeitung aus der Genossenschaft aus, ähnliches planten die Vorarlberger Nachrichten. Die APA hätte den Westen Österreichs "verloren", wäre dies nicht rückgängig zu machen gewesen. Auch die finanzielle Lage war lange Zeit prekär; sie konnte aber, durch Umstrukturierungen und durch den Umbau zu einem Mediendienstleister, der nicht nur den Genossenschaftern, sondern allen Interessierten Informationsdienstleistungen anbietet, in einen wirtschaftlichen Erfolg umgemünzt werden.

Die 55 Jahre Austria Presse Agentur sind unterm Strich eine Erfolgsgeschichte. Aus dieser Erfolgsgeschichte könnten sehr wohl Rückschlüsse auch auf zukünftige medienpolitische Optionen in Österreich gezogen werden.

DIE MACHT DER NACHRICHT. Die Geschichte der Nachrichtenagenturen in Österreich. Von Edith Dörfler und Wolfgang Pensold, Hg.: Wolfgang Vyslozil. Molden Verlag, Wien 2001. 594 Seiten, geb. öS 498,-/e 36,19

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