Natascha, ganz privat!

Werbung
Werbung
Werbung

Nun sollte es also wirklich nichts mehr geben, was wir von ihr nicht wissen: kein mulmiges Gefühl, das sie am Morgen des 2. März 1998 beschlich, als sie auf dem Gehsteig vor sich einen verdächtigen Mann neben einem weißen Kleinbus sah; keine sadistische Schikane, die sie in ihrem "Verlies" ertragen musste; keine charakterliche Deformation Wolfgang Priklopils; keine Auseinandersetzung zwischen ihren Eltern Brigitta Sirny und Ludwig Koch; keine Plüschtiere in ihrem Kinderzimmer, die sie während der Gefangenschaft so sehr vermisste; und auch nicht die Neuigkeit, dass Priklopil beständig Nataschas Mutter observierte.

All dies, "die ganze Wahrheit" also, haben Christoph Feurstein, Burgit Bock und Robert Altenburger mit Hilfe eines neuen Kampusch-Interviews zusammengetragen und - angereichert mit rekonstruierten Szenen à la Aktenzeichen XY und abgedunkelten Experten à la Guido Knopp - Mittwoch der Vorwoche in einem Thema spezial gelüftet.

Wozu? Um mit den "ungewohnten Einblicken ins neue Leben" Natascha Kampuschs den Spekulationen um ihre späte Flucht endlich Einhalt zu gebieten? Um mit der Dokumentation - verkauft an mehrere ausländische Fernsehanstalten - die Kampusch-Foundation weiter zu füllen? Womöglich. Ganz sicher aber, um dem ORF einen nachweihnachtlichen Quotenhit zu bescheren. Das ist kein Verbrechen, könnte man behaupten: Schließlich hat die junge Frau offensichtlich selbst die Medien zur Vergangenheitsbewältigung gewählt.

Dass der ORF Kampuschs Selbstentäußerungen vergleichsweise sensibel verpackt, ist ihm zugute zu halten. Besser noch wäre es gewesen, sich zu Herzen zu nehmen, was das "Medienphänomen" Max Friedrich für das "Medienphänomen" Natascha Kampusch in Feursteins Thema spezial erbat: "Man tut ihr wahrscheinlich etwas Gutes, wenn man sie einfach leben lässt." DH

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung