Ein "geschwätziges Blatt unter anderen" sei er geworden, ätzte Franziska Augstein. Die Journalistin bei der Süddeutschen mit dem prominenten Namen ließ vor zwei Jahren kein gutes Haar an der Gründung ihres Vaters. Der Spiegel sei kein Leitmedium mehr, ätzte die Tochter, mit "unter anderen" meinte sie vor allem die boulevardeske Konkurrenz namens Focus aus München, die für Gralshüter des deutschen Magazinjournalismus in Hamburg immer als Gottseibeiuns firmiert.
Augstein, die Tochter, dürfte nicht allein auf weiter Flur stehen mit ihrer Einschätzung, die Spiegel-Mitarbeiter, die 50,5 Prozent am Blatt halten, sahen es ebenso, sodass die Gesellschafter einvernehmlich den Vertrag von Spiegel-Chefredakteur Stefan Aust nicht über 2008 hinaus verlängerten. Nachdem es beim Spiegel immer eher ruppig zugeht (als Rudolf Augstein Aust 1994 als Chef installierte, gab es einen - erfolglosen - Aufstand der Belegschaft), blieb auch dieser Defacto-Rauswurf nicht ohne Pikanterie: Aust urlaubte auf Bali, als ihn die unfrohe Kunde ereilte; prompt weinte auch Erzfeind Helmut Markwort Krokodilstränen: "Stillos" habe sich "diese Meute von 800 Leuten" verhalten, so der Focus-Chefredakteur.
Aust war über eine erfolgreiche Innovation zum Hamburger Magazin gestoßen: 1988 hatte er das TV-Magazin Spiegel TV gegründet, das er bis Juni 2007 weiterhin geleitet hatte. In seiner Zeitungs-Ära gelang dem Spiegel das schier Unmögliche: Ende 2001 überholte er den Hamburger Konkurrenten Stern bei der Auflage. Der Preis dafür, so die erfolgreichen Aust-Kritiker/innen: Der Spiegel sei unpolitischer geworden.
Aber das soll sich nun ändern. Als Nachfolger könnte ein anderer Spiegel-Innovator das Rennen machen - Mathias Müller von Blumencron, der Spiegel Online zu einem der erfolgreichsten Online-Medien im deutschen Sprachraum gemacht hat. Aber auch Königsmörderin und Legenden-Nachfahrin Franziska Augstein werden Chancen - und Ambitionen - nachgesagt. Otto Friedrich
