Österreichische Halbprodukte

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Der "Standard", Österreichs rosarotes Blatt, wird am Sonntag zehn Jahre alt. Allemal ein Grund zum Loben: Denn das Produkt aus dem Hause Bronner belebte die heimische Presselandschaft ganz schön: 1.) fanden liberale Geister knapp links der Mitte endlich eine Publikation für ihren Geschmack; 2.) wurden die wenigen anderen "Qualitäts"-Medien mehr als herausgefordert.

Daß etwa die "Presse" arge Anstrengungen unternahm, um sich so darzubieten, wie sie es heute tut, hat zweifelsohne mit der Konkurrenz zu tun, die ihr durch den "Standard" erwachsen war. Das Ergebnis: beide Zeitungen können sich sehen lassen.

Wie gut es dem rosa Blatt wirtschaftlich geht, ist seit Jahr und Tag Gegenstand des Branchentratsches. Nachdem - wegen der in Österreich verfilzten Bankenlandschaft - vor zehn Jahren viel versucht wurde, das Erscheinen des "Standard" per Finanzierungsvereitelung zu verhindern, holte Oscar Bronner zunächst den Springer-Verlag ins Land; dieser stieg 1995 jedoch wieder aus - vielleicht auch deswegen, weil der "Standard" so gar nicht wie ein Erzeugnis der Springerpresse aussah. Seit damals steht die Zeitung jedoch mit einem 250-Millionen-Schilling Darlehen bei der Österreichs größter Bank in der Kreide, und das Damoklesschwert der Fälligstellung dieses Kredits hängt über dem Blatt.

Soeben kocht die Gerüchteküche wieder: Von einer Beteiligung der "Süddeutschen Zeitung" ist die Rede, im "Format"-Interview dementierte Oscar Bronner nichts davon. Ist also ein millionenschweres Geburtstagsgeschenk unterwegs?

Der heimische Medienkonsument sähe es mit einem lachendem und einem weinendem Auge: Denn einerseits "paßte" die "Süddeutsche" von Ideologie und Blattlinie fast ideal. Andererseits träte ein österreichisches Medium schon wieder den Gang nach Deutschland an - und das Gerede von der deutschen Medienkolonie würde (zu Recht) nicht verstummen.

Ein Printprodukt mit dem Prädikat "Produce of Austria" zu versehen wird immer schwieriger. Mehr und mehr hiesige Medien können bestenfalls mit "Half Produce of Austria" aufwarten.

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