ORF im Klima-Schock

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Der ORF kämpft mit seinem Themenschwerpunkt für ein höheres Klimabewusstsein und darum, in Sachthemen wieder den Ton anzugeben.

Abgedeckte Häuser, umgestürzte Bäume, tausende Haushalte ohne Strom. Als hätte der ORF das Unwetter vorhergesehen, gingen die Meldungen über Orkan Kyrill nahtlos über in den Themenschwerpunkt Klimawandel.

Der ORF hat sich dabei das ehrgeizige Ziel gesetzt, zu informieren und in Folge "Österreich zu verstärktem Umdenken und Handeln zu bringen". Seit vergangenem Sonntag werden dem Thema im Laufe der Woche zahlreiche Artikel, 100 Radiobeiträge sowie über 30 Fernsehsendungen gewidmet. Trotz guter An-und Vorsätze scheinen einige dieser Beiträge allerdings eher dazu produziert worden zu sein, diese runden Zahlen zu erreichen.

Während die Spielfilme, Diskussionen und Fachbeiträge schon längerfristig angekündigt worden waren, gaben die meisten Landesstudios und Radiosender ihre Beiträge sehr kurzfristig bekannt. Besonders spontan wirkte auch die Einbindung des Kinderprogramms in den Schwerpunkt.

Für die Kinder ...

Immerhin wurde in den Confetti News am Sonntag bereits angeschnitten, welche Auswirkungen Ein Grad mehr auf Menschen, Tiere und auch Pflanzen haben kann. Für ausführlichere Informationen wurden die jungen Neugierigen allerdings auf Universum verwiesen. Obwohl diese Sendung immer noch "kindgerechter" ist als so manche zu früherer Sendezeit, sieht das doch nach einer Notlösung aus. Am kommenden Samstag gibt es jedoch noch eine Chance, in Close up auch den Jüngeren gerecht zu werden.

Generell finde er das Konzept des Themenschwerpunktes interessant, meint der Wiener Medienpsychologe Peter Vitouch im Gespräch mit der Furche. Denn nur kognitives Wissen zu vermitteln, sei zu wenig, betont er. Man müsse die Menschen auch emotional erreichen, dafür sei eine Kombination von Fachbeiträgen mit Spielfilmen ganz gut geeignet. "Ein Film wie Michael Hanekes Wolfzeit erscheint in diesem Schwerpunkt unter einem anderen Licht", meint Vitouch. Wer sich davon allerdings sein eigenes Bild machen wollte, musste eine Nachtschicht einlegen.

Zur Primetime lief nämlich Roland Emmerichs The Day After Tomorrow. In bewährter Blockbuster-Verpackung mit durchschaubarer, aber höchst emotionaler Handlung wurden hier unterschiedlichste Wetterkapriolen gezeigt. Bei der Verbreitung von Horror-Szenarien sei allerdings Vorsicht geboten, mahnt Vitouch: "Wenn man Menschen zu viel mit Angst und Emotionen konfrontiert, neigen sie zu verharmlosenden Abwehrreaktionen."

Abseits der Fiktion sprach Erwin Künzi (Österreichische Entwicklungszusammenarbeit) in Heimat fremde Heimat von einer realistischen Befürchtung: den Klimaflüchtlingen. Aller Voraussicht nach werden die Folgen des Klimawandels die ärmeren Länder besonders treffen. Sollte sich nichts ändern, seien Millionen Flüchtlinge zu erwarten .

Mit Helga Kromp-Kolb unterstützt auch eine namhafte Wissenschafterin den ORF. "Besonders wichtig ist, dass die Informationen nicht widersprüchlich sind", hält Vitouch fest. Denn nur so könne man die nötige und erwünschte Orientierung geben.

... und Kindeskinder

Kromp-Kolb und der Gletscherforscher Heinz Slupetzky, der in Sport an Sonntag zur Schneelage der Nation Stellung nahm, zeigten sich darin einig, dass die Erderwärmung für die nächsten Jahrzehnte vorprogrammiert und nicht mehr aufzuhalten sei. Wenn man allerdings sofort anfange einzugreifen, könne man schlimmere Auswirkungen noch verhindern.

Was man nun aber wirklich unternehmen kann und sollte, wurde am ersten Sendetag kaum gestreift. In Hohes Haus, zeigte sich der Umweltminister Josef Pröll zwar einsatzbereit und optimistisch, die Kyoto-Ziele noch erreichen zu können. Der Weg dorthin blieb aber vorerst offen. Die künstlich erzeugten Wolken, die in Newton vorgestellt wurden, können, wie man bereits in der Sendung durchklingen ließ, nicht des Rätsels Lösung sein.

Auch der Ersatz für wahres Schneevergnügen, den man in Sport am Sonntag präsentierte - wie der "Hot snow", der bei plus 30 Grad produziert werden kann oder auch das Schifahren in der Halle, sollten für Wintersportler wohl eher eine Mahnung als eine Alternative darstellen.

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