Radio: Privat-Absturz

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Neuester Radiotest: Herbe Verlust für die Privatradios, Ausbau des Spitzenplatzes für den ORF.

Die Übermacht ist kaum zu brechen. Während die privaten Radioveranstalter in Österreich eine Quotenschlappe nach der anderen hinnehmen müssen, holt sich der ORF nach und nach Marktanteile und Hörer zurück.

Der unabhängig durchgeführte Radiotest bescheinigt dem Staatssender nämlich Traumquoten: So kommen die ORF-Radios gesamt auf 78 Prozent Marktanteil (nach 75 Prozent im zweiten Halbjahr 2000). Alle Privatradios zusammen kommen gerade mal auf 19 Prozent (nach 22 Prozent). Allein Ö3 begeistert durchschnittlich 50 Prozent der 14- bis 49-Jährigen (zuvor 47Prozent).

Diese Entwicklung ist für die privaten Rundfunkveranstalter Anlass, gemeinsame, effektive Vermarktungsstrategien aufzubauen.

Privat-Tief seit 11.9.

Bis Jahresende konnten private Betreiber via "Ö3-Plus" Werbegelder durch Radiospots lukrieren, seit Anfang 2002 übernimmt dies fast vollständig das "Radio Marketing Service" (RMS), bei dem nun auch das im Sommer 2001 gestartete Krone HitR@dio Mitglied ist. Bernd Sebor, Geschäftsführer des Krone HitR@dio, in dem andere Privatsender (etwa Rpn) aufgingen: "Mit dem Beitritt des Krone Hitr@dio zum RMS sind wir stärker denn je geworden, was offensives Marketing betrifft."

Grundsätzlich sei das zweite Halbjahr 2002 "ein sehr schlechtes Jahr für die Privaten" gewesen. Insgesamt sei die Radionutzung zurückgegangen. Die Schuld gibt Sebor den Ereignissen vom 11. September: "Da haben viele Hörer zum ORF umgeschaltet, weil man ihm eine größere Nachrichtenkompetenz nachsagt als den Privaten".

Derselben Meinung ist auch Alfred Grinschgl von der Rundfunk- und TelekomregulierungsGmbH (RTR): "Die Infoleistung der Öffentlich-rechtlichen stand über Monate im Vordergrund".

Beim Krone-Radio will man deshalb "die News-Kompetenz entsprechend ausbauen", so Sebor. Dass dies nicht von heute auf morgen verwirklichbar ist, weiß Sebor. "In Deutschland hat es bei den privaten Fernsehsendern auch Jahre gedauert, bis sie am Nachrichtensektor mit den Öffentlich-rechtlichen gleichauf waren".

Stolz ist Sebor jedenfalls, dass sein Sender in Wien sieben Prozent Marktanteil, in Niederösterreich zehn und im Burgenland zwölf Prozent erreicht. "Wir haben uns damit gegenüber Radio Rpn, das früher auf diesen Frequenzen gesendet hat, in Niederösterreich verdoppelt und in Wien gar vervierfacht".

Dennoch: Die ORF-Radios beherrschen den Markt. In Wien, am begehrtesten Radiomarkt, gibt das Hitradio Ö3 zwar Marktanteile und Reichweiten in der Zielgruppe ab, jedoch verlieren auch alle Privaten, von Antenne Wien bis zum Jugendsender Energy kräftig.

FM4 sensationell

Die kleine Sensation: FM4 konnte seine Reichweite in Wien von 7,2 auf 8,8 Prozent steigern, der Marktanteil stieg gar von 4 auf 11 Prozent. FM4-Chefin Monika Eigensperger: "Dieses Ergebnis ist eine große Motivation, den von FM4 eingeschlagenen Weg abseits des Mainstream weiter zu führen".

Das Programm von FM4, auf dem es erst seit kurzem auch Werbung zu hören gibt, gilt als urban, aufgeschlossen und kritisch. "Wir wollen auch in Zukunft versuchen, experimentierfreudig und nahe an den zeitgenössischen Strömungen der Jugendkultur zu bleiben", sagt Eigensperger.

FM4 setze auch weiterhin auf "eine von vielen als "schräg" empfundene Mischung aus fremdsprachigen Nachrichten, avancierter Popmusik und einen reflektierenden Blick auf die Gegenwartskultur". In den Bundesländern rangiert FM4 freilich noch durchgehend auf den hinteren Rängen in der Hörergunst.

Ö1 konnte seine Position leicht verbessern, während die ORF-Regionalradios bei gleichbleibenden Marktanteilen stagnieren. Der ehemalige "Star" unter den Privaten, 88,6, bricht hingegen dramatisch ein: In Wien hält er bei 7 Prozent Marktanteil (13 Prozent), in Niederösterreich bei 3 Prozent (4 Prozent).

Politikversäumnis

Und auch Antenne Steiermark, dereinst Flaggschiff der Antenne-Radios, muss sich mit nur mehr 15 Prozent Marktanteil zufrieden geben (früher: 20 Prozent).

Einen ganz anderen Grund für die Quoten-Misere der Privaten sieht Alfred Grinschgl auch in Versäumnissen der Politik: "Man hat Mitte der neunziger Jahre zu kleine Versorgungsgebiete für die einzelnen Sender vergeben: Immer nur Lokal- oder Regionalfrequenzen, nie eine bundesweite Frequenz. Es gab wenig Enthusiasmus wenn es darum ging, den ORF einem Wettbewerb auszusetzen".

Auch die Formen von Cross-Promotion, also Werbung für das ORF-Radio im ORF-Fernsehen und umgekehrt, sei mit ein Grund für die marktbeherrschende Stellung des ORF. "Erst das neue ORF-Gesetz wird die Cross-Promotion stark eindämmen", sagt Grinschgl.

Zuversichtlich für die Zukunft zeigt sich Krone-Radio-Chef Bernd Sebor: "Viel schlechter kann es für die Privaten ja nicht mehr werden".

Alfred Grinschgl: "Es wird verstärkt zu Kooperationen zwischen den Privaten kommen. Man hat aus den Fehlern gelernt und verstanden, dass nicht jeder für sich allein Kapitän in der eigenen Badewanne sein kann.

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