Schläge vorm Schlafengehn

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Mit "Auswege" ist Nina Kusturica ein so verstörendes wie sensibles Porträt häuslicher Gewalt gelungen. Ein unverzichtbarer Film.

Gewalt ist ein Tabu-Thema, nistet wie ein böses Tier in der Privatheit der Familien, bricht sich als Alltagsphänomen unbemerkt Bahn und betrifft vor allem Frauen und Kinder. In "Auswege" spürt Nina Kusturica dem Phänomen behutsam nach. Dank großartiger Darsteller und dem sensiblen Drehbuch von Barbara Albert wird "Auswege" zum eindringlichen, verstörenden Porträt gegenseitiger Abhängigkeit, ohne in Voyeurismus, einseitige Verurteilung oder klischeetriefendes Sozialdrama zu kippen.

Claudia (Liese Lyon), Sladjana (Mira Miljkovic) und Margit (Dagmar Schwarz) sind drei Frauen verschiedenen Alters aus unterschiedlichen Milieus. Jede ist Opfer häuslicher Gewalt, die sich entsprechend von Umfeld, Charakter und Lebenssituation anders äußert. Studentin Claudia hat zwei Töchter und lebt mit Werner (Manfred Stella) zusammen - prinzipiell kein unguter Mann, der aber immer häufiger plötzlich "ausrastet". Aufgestaute, unartikulierte Aggression kulminiert in demütigenden Szenen bis zur Vergewaltigung, lässt Claudia und die Kinder in sprach- und hilfloser Ohnmacht zurück.

Margit, eine bürgerliche Frau mit erwachsenem Sohn, bewohnt ein Puppenheim: Alles ist aufgeräumt und sauber, doch still leidet sie unter der Verachtung und emotionalen Armut ihres Mannes Hans (Kurt Huemer). Ihre stumme, diffuse Ohnmacht mit Esoterik, Französisch und Karaoke zu bändigen, gelingt nicht.

Sladjana (Mira Milhkovic) ist eine schöne, lebenslustige, junge Mutter aus Ex-Jugoslawien. Dragan (Mira Miljkovic) schäumt vor Eifersucht, kann die Untersuchung durch den Frauenarzt nicht verwinden. Ängste und Wahnvorstellungen führen zu Prügelexzessen, Dragan schlägt Sladjana aus der Wohnung und nimmt ihr die Kinder.

Der Leidensdruck ist gewaltig, wie eine undurchdringliche Kette laufen immer wieder ähnliche Muster ab. Doch Gewalt muss nicht zum ewigen Teufelskreis ausarten, "Auswege" zeigt Perspektiven. Alle drei Frauen brechen aus, suchen Hilfe in einschlägigen Stellen und finden sie. Veränderung ist möglich. Selbst Werner geht in eine Selbsthilfegruppe für gewalttätige Männer. Einer der berührendsten Momente des Films.

Auswege

Österreich 2003. Regie: Nina Kusturica. Drehbuch: Barbara Albert. Mit Liese

Lyon, Manfred Stella, Mira Miljkovic, Igor Bararon, Dagmar Schwarz, Kurt

Huemer. Verleih: Polyfilm. 90 Min.

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