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Mit dem Sozialdrama "Das Kind", in dem ein Überlebenskünstler sein eigenes Baby verkauft, beweisen die Brüder Dardenne einmal mehr ihr Genie.

Der Filmtitel "Das Kind" ist irreführend: Denn in diesem neuen Kinojuwel von Jean-Pierre und Luc Dardenne steht nicht das Neugeborene im Mittelpunkt, sondern der Vater. Bruno ist ein Überlebenskünstler: Mit Gelegenheitsdienstählen hält er sich über Wasser. Um an Geld zu kommen, vermietet er zwischendurch die Wohnung seiner Freundin Sonia und schläft selber in einer Baracke am Fluss. Sogar seinen Lieblingshut gibt er her, solange der Preis stimmt. Alles verwandelt er in Bares - diese Maxime lässt ihn eine fatale Entscheidung treffen. Eines Tages verkauft er ohne das Wissen von Sonia Sohn Jimmy. Erst im Nachhinein erkennt er seinen schweren Fehler.

Mit diesem emotionalen Familiendrama hat sich das belgische Brüderpaar selbst übertroffen und erhielt dafür nach "Rosetta" zum zweiten Mal die Goldene Palme von Cannes. Erst kürzlich zeigte das Filmmuseum eine Retrospektive zum Schaffen dieser Ausnahmeregisseure, deren Interesse stets den gesellschaftlichen Verlierern und Außenseitern gilt. Es ist ein realitätsnahes, durch Erfahrungen im Dokumentarfilmbereich geschultes Kino, das ganz ohne Effekte und Musik auskommt. Aber die Dardennes wissen genau, was sie wollen: Sie setzen auf elaborierte Szenen (herausragend: die Verfolgsjagd am Ende des Films), die trotzdem nichts von ihrer Unmittelbarkeit einbüßen. Mit großer Präzision beobachten sie das Treiben der Protagonisten, denn mehr noch als Worte sind es Gesten, die von Bedeutung sind. Ihre Darsteller führen sie dabei zu Höchstleistungen. Als Bruno und Sonia bei einem Ausflug verspielt herumtollen, wird klar, wie sehr die beiden selbst noch Kinder sind. "Das Kind" widmet seine ganze Aufmerksamkeit Bruno, Nebenstränge werden beiseite geschoben. Obwohl dessen Verhalten empörend ist, gehören die Sympathien des Publikums trotzdem ihm: Am Ende hoffen wir mit ihm, dass alles gut wird. Philipp Kainz

DAS KIND - L'Enfant

F/B 2005 Regie: Jean-Pierre und Luc Dardenne. Mit Jérémie Rénier, Déborah Francois. Verleih: Filmladen. 95 Min.

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