SP-Zeitungen sterben teuer

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Die letzten Züge des einstigen SP-Blatts "Kärntner Tageszeitung“ gleichen dem Ende der AZ. Die ist auch zunächst dem Markt überlassen worden, bis sie schließlich einging.

Für manche Tageszeitungen bringt der Juni besonderen Segen. Die erste Rate der Bundespresseförderung ist fällig. Besonders begehrt ist gemäß dem Presseförderungsgesetz 2004 die "Besondere Förderung zur Erhaltung der regionalen Vielfalt der Tageszeitungen“. Dafür wird 2013 eine Summe von 5,24 Millionen Euro bereitgestellt, die nach einem besonderen Schlüssel aufgeteilt werden. Für die Abwicklung ist die KommAustria (RTR) zuständig.

Großes Augenmerk gilt diesmal der Kärntner Tageszeitung. Sie steckt in einer Finanzkrise, einem handfesten Eigentümerkonflikt und in der posttraumatischen Phase einer einstigen Parteizeitung. Ein Konkursantrag ist gestellt, und wenn die erste Tranche des Fördergeldes nicht bald eintrifft, kann es eng werden. Für das Gesamtjahr darf sich die KTZ 821.847,60 Euro besondere Förderung erwarten.

Fehlgeschlagene Rettungen

Noch ist die Zeitung am Leben, aber wenn sich geschichtliche Ereignisse allen Gegenbehauptungen zum Trotz doch wiederholen sollten, schaut es ernst für sie aus. Die AZ, vormals Arbeiter-Zeitung, war 1989 im hundertsten Jahr ihrer Existenz bereits so defizitär, dass sie vom SPÖ-Parteichef und Bundeskanzler Franz Vranitzky in die privatwirtschaftliche Wüste geschickt wurde. Hans Schmid, Chef der Werbeagentur GGK, versuchte sie vergeblich zu retten, auch der journalistische Flankenschutz des vom ORF abgeworbenen und zum AZ-Chefredakteur erhobenen Moderators Robert Hochner schlug fehl. Am 31. 10. 1991 erschien das sozialistische Traditionsblatt trotz großzügiger Förderung zum letzten Mal.

Die Grazer Neue Zeit, die von ihrem Eigentümer SPÖ-Steiermark 1987 einem größtenteils aus Mitarbeitern zusammengesetzten Verein übertragen wurde, kassierte zwischen 1990 bis in ihr letztes Erscheinungsjahr 2001 umgerechnet 29,4 Millionen Euro Presseförderung, ohne dass es half. Ihr Chefredakteur und Geschäftsführer Josef Riedler war zeitweise Präsident der Presseförderungskommission. In den letzten Jahren ihrer Existenz wurde der Anspruch auf künftige Förderungssummen sogar verpfändet, um aktuelle Schulden zu begleichen. Alles vergeblich, die Zeitung ging am 29. 4. 2001 ein.

Und die Kärntner Tageszeitung? Ihr sei ein langes Leben gewünscht, schon wegen der dürftigen Pressevielfalt in Kärnten. Die Ereignisse der jüngsten Jahre stimmen freilich wenig hoffnungsfroh:

• Dezember 2009: Eigentümerverschiebung bei der KTZ. Die SPÖ verringert ihren Anteil auf 45 Prozent, die Mediaprint steigt aus.

• Oktober 2010: Die SPÖ zieht sich ganz zurück. Eigentümeranteile gehen zu 100 Prozent an den Medienunternehmer Hansjörg Berger und dessen "BB & Partner GmbH“.

• Juni 2012: Die Gebietskrankenkasse stellt wegen ausständiger Sozialversicherungsbeiträge in der Höhe von 168.000 Euro einen Konkursantrag. Der Konkurs wird abgewendet.

• September 2012: Der Vater von Hansjörg Berger, Hannes Berger, der ebenfalls in der KTZ tätig ist, wird von Frank Stronach als Wahlkampfleiter engagiert.

• Jänner 2013: Neuerlicher Eigentümerwechsel. Dietmar Wassermann übernimmt 75 Prozent der "BB & Partner GmbH“, 25 Prozent bleiben Hansjörg Berger.

• Juni 2013: Hansjörg Berger stellt beim Landesgericht Klagenfurt einen Konkursantrag gegen die zur "Muttergesellschaft“ gewordene BB & Partner GmbH. Grund: Berger will verhindern, dass Haupteigentümer Wassermann die Kärntner Tageszeitung und die Bezirksjournale an einen neuen Mehrheitsgesellschafter namens MS 4 Consulting GmbH überträgt. Wassermann bestätigt die "Veräußerung der KTZ zu einem angemessenen Preis“, sie sei schon im April erfolgt.

Das Konkursverfahren wird vielleicht Licht in die verworrenen Verhältnisse bringen. Im Rückblick ist das passiert, was der AZ geschah: Sie wurde im Besitz der SPÖ heruntergewirtschaftet, dem freien Markt überlassen und schlittert seither von einer Krise in die nächste. Im Fall der KTZ kommt hinzu, dass sich das von Hansjörg Berger 2010 in Aussicht gestellte Investitionsglück als fatal für die Zeitung herausstellt. "In nur kurzer Zeit werden wir bei guter Rendite sein“, sagte er damals. Inzwischen behauptet er, dass sein Partner Wassermann die Zeitung ohne Absprache mit ihm verkauft habe. Ob sich diese Behauptung als Faktum herausstellt oder nicht - es handelt sich um eine merkwürdige Investitionspolitik in einer Zeitung, bei der die Angestellten des Öfteren vertröstet werden, wenn das Monatsgehalt fällig ist.

Unternehmerische Misswirtschaft

Zu fragen ist jetzt ernsthaft, ob die Auszahlung von aus dem Steuertopf genommenen Förderungen überhaupt rechtens ist, wenn die Besitzverhältnisse ungeklärt sind. Das Hauptkriterium der Förderer ist lediglich, dass die Zeitung tatsächlich erscheint.

Darf eine Zeitung wie die KTZ eingehen? Für Österreichs Zeitungswelt wäre das ein höchst unerwünschtes Signal, weil die Folgen einer unternehmerischen Misswirtschaft mit einer schweren Krise der Printmedien verwechselt werden könnten. Es werden manche Argumente zu hören sein, dem in die Not geratenen Verlag beizuspringen. Im Wahlkampf gelten Zeitungsschicksale als sensible Materie. Aber andererseits: Das Bundesland Kärnten hat schon einmal einen notleidenden Betrieb ganz anderen Formats dem Staat als "Systembank“ angedreht, die nicht eingehen dürfe - die Hypo Alpe Adria. Den Winzling KTZ als "Systemzeitung“ und seine Unsterblichkeit als solidarische Aufgabe zu deklarieren, wäre angesichts all der Nachrichten, die aus dem einstigen sozialdemokratischen Zeitungsunternehmen an die Öffentlichkeit dringen, ein übler Scherz. Auch wenn den Mitarbeitern angesichts dessen, was seit Jahren mit ihrer Zeitung aufgeführt wird, garantiert schon das Lachen vergangen ist.

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