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Markus Mittermeier übt in "Muxmäuschenstill" schwarzhumorige Gesellschaftskritik, die weh tut.

Einer, der auszog, die Welt zu verbessern: Das ist der Herr Mux (Jan Henrik Stahlberg), ein Berliner Normalbürger, der sich den Freunden der Selbstjustiz verschrieben hat. Mux hat Philosophie studiert und zitiert Kleist, Hegel und Goethe, hat Kant am Nachttisch liegen, doch irgendetwas muss er falsch verstanden haben. "Ich bin das, was man einen Einzelgänger nennt", sagt Mux, der mit der Kamera auf der Jagd nach Kriminellen ist: "Ich überführe in der Woche 60 bis 80 Straftäter", meint er. Und wenn Mux das sagt, läuft es einem kalt den Rücken hinunter.

Der Langzeitarbeitslose Gerd wird zu Mux' rechter Hand, er filmt mit, wenn Mux die Täter erwischt, Hundebesitzer mit der Nase in den Kot ihrer Vierbeiner drückt, von Schwarzfahrerinnen Bußgeld verlangt, Graffitimalern ins Gesicht sprüht, Vergewaltiger, Pädophile, Ladendiebe, Schnellfahrer überführt.

Mux beschwört Bürgerverantwortung, er beklagt die Entfremdung. Dass sich niemand mehr angesprochen fühlt, dass Solidarität und Verantwortung verlorengegangene Werte sind. Mux ist Moralist und er hat damit Erfolg, sogar in den Medien. Bekehrte Straftäter werden zu seinen Jüngern, er expandiert, gründet eine "Gesellschaft für Gemeinsinn" und tritt im Fernsehen auf. Nur sein Kiramäuschen, seine Muse, seine Liebe - die will nicht ganz so, wie er will. Und wenn er sagt "Ich respektiere deinen Körper", dann schaut sie verständnislos und will womöglich tanzen gehen. Das gefällt Mux nicht so besonders. Und das muss er dann auch bestrafen.

Regisseur Mittermeier und Hauptdarsteller Stahlberg haben ein gefährliches Projekt gewagt: Sie haben einen moralischen Film gedreht, und das mit viel schwarzem Humor. Hier wird die Gesellschaftskritik einem Psychopathen in den Mund gelegt, und der hat sogar noch recht mit vielen seiner Ansichten. Auch wenn wir den kleinen Polizisten in uns selbst oft nicht ganz unterdrücken können - Mux' faschistoides Verhalten stößt unangenehm auf. Kein bequemer Film, zweifelsohne, so unbequem, dass die jungen Filmemacher keinen Cent Filmförderung erhalten haben. "Muxmäuschenstill" ist in Deutschland aber erstaunlich erfolgreich. Das mag mit dem klassisch deutschen, philosophischen Unterbau zusammenhängen, aber auch mit der Verunsicherung durch die gefürchtete Sozialreform "Hartz IV". Trotzdem: Auch für Österreicher sehenswert.

MUXMÄUSCHENSTILL

Regie: Markus Mittermeier. D 2003.

Mit Jan Henrik Stahlberg, Fritz Roth, Wanda Perdelwitz.

Verleih: Filmladen. 89 Min.

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