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Die Erwachsenenbildungszeitschrift Spurensuche gibt Denkanstöße in Sachen Rassismus.

Rassismus mit dem wissenschaftlichen Mäntelchen und die vergessene Opposition gegen das Rassendispositiv ist in der Spurensuche - Zeitschrift für Geschichte der Erwachsenenbildung und Wissenschaftspopularisierung dokumentiert. Im umfangreichen Band Xenophohie und Rassismus im 20. Jahrhundert wird versucht, eine Genese der "rassentheoretischen Diskurse" zu zeigen, um auf sachliche (historische-analytische) Weise einen Beitrag zu deren Bekämpfung zu leisten.

Dies ist umso wichtiger, als sich in letzter zu den unreflektierten Meinungsäußerungen so mancher Politiker in letzter Zeit vermehrt offen rassistische oder antisemitische Bemerkungen politischer Hauptakteure mischen.

"Hinzu kommt", wie Christian H. Stifter, der den Herausgeber der Zeitschrift und Leiter des Österreichischen Volkshochschularchivs, im Editorial schreibt, "dass in der Berichterstattung ansonsten zumindest um Korrektheit in der Grammatik und Orthographie bemühter Tageszeitungen angesichts der jüngsten bewaffneten ethnischen Konflikte in Nordengland Begriffe wie ,Rassenkonflikte' oder ,Rassenkrieg' völlig unhinterfragt verwendet werden was implizit wohl bedeutet, dass an der Sinnhaftigkeit des begrifflichen Konstrukts ,Rasse' nicht weiter gezweifelt wird. Für die Spurensuche jedenfalls Gründe genug, sich mit dem Phänomen des Rassismus und der Xenophobie einmal näher auseinander zu setzen."

Österreich: Rassenhass

Anton Szanya analysiert in seinem Spurensuche-Beitrag die österreichische Krankheit: den Rassenhass in den letzten Jahrzehnten Österreich-Ungarns; er vergisst dabei nicht, auch auf nicht so bekannte Hasser, wie Monsignore Joseph Scheicher, der zwischen 1897 und 1909 für die Christlichsoziale Partei der niederösterreichischen Landesregierung angehörte und in seiner Vision aus dem Jahre 1920 davon träumte, die Juden auszurotten: "In Wien half das sehr, im Staate Polen und Ruthenien haben wir Tausende hängen lassen müssen, bis alle Sünder einsahen, dass es ernst sei. Dass man das Raubtier erschlägt, wussten sie. Dass ein Raubmensch ebenso behandelt werden müsse, wollte den leider wenig erzogenen Juden und Genossen jener Staaten lange nicht einleuchten. Als sie es einsahen ging alles leichter. Jetzt haben wir übrigens keinen Juden mehr".

Christian Stifter geht in seinem Aufsatz der Frage nach, ob die Volksbildung dieser Jahre ebenfalls anfällig für Rassenlehren war. Von rund 35.000 ausgewerteten Vorträgen des Volksheims Ottakring beschäftigten sich jedoch bloß 68 Vorträge mit rassenkundlichen Themen. Das Prinzip der Wissenschaftlichkeit gebot eine sachliche, korrekte, neutral-objektive Darstellung. Die Bildungspraxis gründete auf einer "bildungspolitischen Versöhnungstheorie der Klassen. Die Verbreitung wissenschaftlicher Erkenntnisse sollten dazu beitragen, zu einer friedvollen Lösung der sozialen Frage." Trotz dieser Absenz fehlt jedoch vollkommen die kritische Auseinandersetzung mit dem allgegenwärtigen Antisemitismus. Beim 1. Weltkongress gegen Rassismus 1911 in London waren eine Reihe von österreichischen Teilnehmern Wissenschaftler, die sich auch für eine Popularisierung des Wissens in Volkshochschulen einsetzten.

Weitere Beiträge in der Rassismus-Ausgabe der Spurensuche setzen sich mit der Arbeitsmigration in der Monarchie im Vergleich zur Entwicklung in der Zweiten Republik auseinander. Peter Malina dokumentiert die rassenkundliche Erziehung an Hand von Unterrichtsmaterialien: "Unterrichtsziel Unmenschlichkeit". Der Politologe Reinhold Gärtner vergleicht die Ergebnisse von zwei EU-Befragungen zu Xenophobie in Europa. "Die mit Abstand größten Gruppen in Europa sind die "passiv Toleranten" (39 Prozent) und die Ambivalenten (25 Prozent), die zugleich eine positive wie negative Einstellung gegenüber Minderheiten haben.

Ein Porträt des vergessenen Reformpädagogen Rudolf Laemmel und eine kommentierte Link-Sammlung zu Antirassismus im Internet vervollständigen diesen informativen Band.

XENOPHOBIE UND RASSISMUS IM 20. Jahrhundert. Spurensuche - Zeitschrift der Geschichte der Erwachsenenbildung und Wissenschaftspopularisierung. 11. Jg. Heft 3-4/2001. 178 Seiten, brosch., öS 165,-/e 11,99 Verleger: Österreichisches Volkshochschularchiv, 1210 Wien, Kürschner gasse 9, Tel. 01/2591862.

Ein Teil der Beiträge auch im Internet: www.vhs.or.at/archiv

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