Tom Hanks bald ins Ausgedinge?

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Von den schrägen Filmen der Pixar-Studios ("Findet Nemo", "Ratatouille") bis zur Trickkiste der DreamWorks-Studios: Ein Streifzug durch die Welt der - mittels Computer entwickelten - Animationsfilme.

Traditionen schafft sich die Filmindustrie bestenfalls eigene. So wundert es nicht, dass der chinesische Kalender das Jahr der Erd-Ratte anzeigen mag - im Kino jedoch waren die Nager schon letzten Herbst dran. Dort schreiben wir gerade den Sommer des Pandas. Die Zeitrechnung der Animationsfilme ist ein Rhythmus aus Ostern und Ferienbeginn, den ersten kühleren Tagen Ende September und dem Vorweihnachtsgeschäft. Die Regelmäßigkeit, in der die größten Genrevertreter ins Lichtspielhaus gebracht werden, ist seit langem unverändert. Stark geändert hat sich in der jüngeren Vergangenheit aber die Herstellungsweise: "Kung Fu Panda" & Co entstehen mittlerweile fast ausschließlich am Computer. Skizziert wird auf dem Grafiktablett, Figuren werden als 3D-Modelle ausgetüftelt und die "Renderfarm", ein Hochleistungs-Rechnerverbund, arbeitet die Datenmengen in Bilder um.

Drei große Studios

13 Jahre nach dem ersten seiner Art, Pixars "Toy Story", ist die Euphorie endlich etwas leiser geworden. Mit ein Grund für diese Beruhigung ist auch, dass Hollywood drei Animations-Schmieden gefunden hat, die weite Teile des Marktes unter sich aufteilen. So etablierten sich in den letzten Jahren die zur Twentieth Century Fox zugehörigen Blue Sky Studios mit "Ice Age" oder "Robots". Nicht viel früher, nämlich 2001, trat DreamWorks Animation auf den Plan. Deren "Shrek" und "Madagascar" mussten sich ebenfalls erst ihren Platz neben dem Pionier und Platzhirschen erkämpfen: Pixar war und ist Maß der Dinge, erst recht, nachdem die Firma 2006 Teil des Disney-Konzerns wurde.

Die Übernahme des Produzenten von "Findet Nemo", "Cars" oder "Ratatouille" wurde zum Symbol für den Siegeszug der Computeranimation, war doch gerade das Mickey-Maus-Imperium in diesem neuen Feld erfolglos geblieben, während die eigene traditionsreiche Zeichentricksparte in den Jahren nach dem "König der Löwen" vor allem kreativ sukzessiv heruntergewirtschaftet und schließlich sogar eingestellt wurde.

Anhand des klassisch gezeichneten "The Princess and the Frog", der 2009 in die Kinos kommen soll, ist nun aber auch bei Disney eine Neubewertung dessen im Gange, was im Englischen den Begriff traditional animation abbekam - Tradition samt Beigeschmack des Altbackenen. Mittlerweile wird immer öfter der Aspekt der Handwerkspflege ins Treffen geführt. Das ist aber nicht der Grund, warum die klassische Animation weiterhin floriert, zum Beispiel in Japan, wo der Anime im Stile eines Hayao Miyazaki ("Chihiros Reise ins Zauberland") unberührt blieb. Der Zeichentrick hat vielmehr seine Qualitätsnischen gefunden, sei es im geförderten Kinderfilm wie der estische "Lotte im Dorf der Erfinder", oder im Arthouse, wo letztes Jahr Marjane Satrapis autobiografische Comicverfilmung "Persepolis" eindrucksvoll lief. Deren Ursprungsland, Frankreich, ist zugleich allerdings eine der aufstrebenden Zonen der Computeranimation.

Aufstrebendes Frankreich

Produktionen wie der kürzlich angelaufene "Die Drachenjäger" gehen oft einen anderen Weg als die amerikanischen Kollegen: kein stilistischer Fotorealismus, sondern Welten, in denen die Physik ein wenig verrückt spielen darf. Vorreiter dieser Bewegung, die immer mehr Animatoren vor allem in die Provence zieht, ist Action Synthese, wo bereits 2005 "The Magic Roundabout" entstand. Mit diesem Studio arbeitet auch derzeit der britische Regieveteran John Boorman ("Point Blank") an einer hochambitionierten Neufassung des "Zauberer von Oz".

Virtuelle Schauspieler

Für das Streben nach einem Maximum an Realität tritt wiederum niemand so deutlich ein wie Robert Zemeckis: Sein "Polarexpress" und "Beowulf" sind Machbarkeitsstudien des Performance Capturings, des Festhaltens menschlicher Bewegungsabläufe, die eines Tages zum virtuellen Schauspieler führen könnten; einem Akteur, der den Wiedererkennungswert eines Tom Hanks oder Anthony Hopkins nicht mehr benötigen wird, weil er diesen selbst besitzt. Die Annäherung ans Plastische, ans Reale findet sich hingegen in den meisten aktuellen Trickfilmen, vor allem amerikanischen Ursprungs: Es ist die grafische Fortsetzung eines erzählerischen Bedürfnisses, das selbst aus Tierdokumentationen menschelnde Geschichten macht.

Der Legitimationsdrang hat mit der Computeranimation sogar noch an Schwung gewonnen: Hinzugekommen ist die Nachahmung des guten alten Analogfilms: Super 8, die Kratzer auf oftgespielten Filmstreifen, sie alle sind zu simulierten, zwischen Ehrbezeugung und Anbiederung benutzten Geisterscheinungen aus dem Filterprogramm geworden. Nachdem die Grenzen zwischen Spezialeffekt und Animation längst verschwommen sind, ist es auch nicht verwunderlich, wenn Reales und Trick zum Hybriden vermischt werden. Das neueste Produkt von Pixar geht teilweise diese Mischung ein: "Wall-E", das Märchen von einem Roboter, der in 800 Jahren die Erde aufräumt, wird hierzulande ab Ende September zu sehen sein.

Produktionen wie diese sind mit ihren Werkzeugen zum Standard geworden - von der Industrie so anerkannt, dass seit 2001 wieder ein Oscar für die beste Animation vergeben wird. Einen freien Zugang zum Trickfilm gewährleistet diese Technik keinesfalls. Hierfür hat sich in den letzten Jahren jedoch ein anderes Feld etabliert: die Flash Animation, simpel zu erstellende Grafik-Dateien, die mit Augenmerk auf leichte Bearbeitung und schnelle Veröffentlichung übers Internet konzipiert wurden. Dementsprechend zahlreich sind auch die Arbeiten, von denen die erfolgreichsten, wie die "Happy Tree Friends", längst als Serien im Fernsehen laufen. Die Masse davon verstaubt hingegen als Privatvergnügen auf Webseiten. Am Sprung ins Kino scheiterte Flash aber bislang.

Festplatte und 3D

Der moderne Trickfilm hat momentan nur eines zu fürchten: die Sehgewohnheiten der Zuschauer. Wobei zwei Faktoren auch hier für eine gute Zukunft sprechen: Mit der Digitalisierung der Projektion rüsten die Kinos auf jenes Format um, auf dem Computeranimation schon produziert wird: die Festplatte. Auf einen zweiten Vorteil, der bislang nicht ausgenutzt werden konnte, setzen Mogule wie Jeffrey Katzenberg von DreamWorks: 3D. Diese Besonderheit des Animationsgenres, soll noch mehr Leute anlocken.

Womit wir wieder bei "Kung Fu Panda" wären. Auf der Leinwand versetzt dort der Glaube an eine Besonderheit Berge. Im Kino wird diese Besonderheit belegt werden müssen: Film um Film.

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