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Das Verhältnis von Kunst und Kirche wird von der gleichnamigen Zeitschrift nach 35 Jahren noch einmal neu beleuchtet.

Fünfunddreißig Jahre lang stand K.u.K. nicht für ein monarchistisches Überbleibsel, sondern für Kunst und Kirche, für eine Zeitschrift, die am Pulsschlag der Zeit nicht nur aus diesen beiden disparaten Bereichen berichtete, sondern über weite Strecken auch eine Brückenfunktion ausübte. Natürlich hätte man den halbrunden Geburtstag gerne anders gefeiert denn mit der Insolvenz des Verlagspartners. Was auf den ersten Blick wie der Todesstoß ausgesehen hatte, gab aber nur den Anlass, neu durchzustarten.

Daher gesellen sich zum neuen Verlag, Springer, auch ein neues Logo und ein neues Layout. Text und Bild werden als gleichwertige Partner behandelt, die Zeitschrift wird damit auch zum Zeitbild, die kommunikativen Fähigkeiten beider Aufmerksysteme kommen zum Tragen. Was eine lange Tradition hat - schließlich reichen die Ursprünge von Kunst und Kirche, die 1971 als erste ökumenische Zeitschrift aus einer Fusionierung entstand, evangelischerseits bis 1924 und katholischerseits überhaupt bis 1860 zurück -, was auf eine derart weit reichende Geschichte zurückblicken kann, benötigt dann und wann ein Facelifting. Eine gelungene Oberfläche wäre aber zu wenig, daher prescht die neue Nummer gleich mit einer programmatischen Grundsatzfrage vor und formuliert als provokanten Hefttitel: Braucht Kunst die Kirche?

Gewohnt ist man die Frage in umgekehrter Richtung, nämlich ob die Kirche die Kunst brauche. Die darauf zumeist folgende Zustimmung endete dann nicht selten im Lamentieren darüber, dass man sich als Kirche, die nicht nur ein großartiges Erbe zu verwalten, sondern auch einen Glauben zu verteidigen hat, mit der zeitgenössischen Kunst so schwer täte, weil diese auf eine überzogene Autonomie poche, sich in künstlerischen Fragen rein gar nichts mehr dreinreden lassen wolle, weil sie lieber provoziere als die Verkündigung zu unterstützen - und neben dieser spannungsgeladenen Gesprächssituation sei man obendrein schon so verarmt, dass das Geld für die oft teuren, aber künstlerisch überzeugenden Projekte schlichtweg fehle. Natürlich stimmt das, zumindest irgendwie, und die Jammerlitanei ließe sich noch weiter entfalten. Dreht man aber die Fragestellung um, wie dies in der aktuellen Nummer von Kunst und Kirche geschieht, dann öffnet sich plötzlich ein neues Szenario.

Braucht Kunst die Kirche? Mit geradezu aufgebrachtem Ton möchte man mit einem klaren Nein antworten. Die thematische Hinführung listet allerdings drei Gegenargumente auf, die in den Beiträgen näher behandelt werden. 1. Bis heute lassen sich international renommierte Künstlerinnen und Künstler dafür gewinnen, in und für Kirchen zu arbeiten. 2. Kirchen sind zu beliebten Orten für Wechselausstellungen geworden. 3. Als Folge der Globalisierung sind westliche Künstlerinnen und Künstler heute zurückhaltender im Rezipieren fremder Kulturen und Religionen und besinnen sich wieder stärker auf ihre eigenen, auch religiösen Wurzeln. Damit sind die Tatsachen, dass das Museum der vornehmliche Ort für die Präsentation von Kunst ist und nicht ein Kirchenraum und dass der Kunstmarkt auch ohne der Kirche als wichtigste Auftraggeberin längst gut leben kann, nicht beiseite geschoben, sondern vielmehr als Grundlage für das Ausloten möglicher Partnerschaften eingesetzt.

Die Umstellung der Frage verhindert aber auch die geschwinden Ausreden, mit denen "die Kirche" auf "die Kunst" als Hemmschuh verweisen konnte. Denn plötzlich gilt es, das eigene Angebot zu überprüfen, wie Reinhard Hoeps in seinem Beitrag für die Theologie punktgenau formuliert: "Vielleicht liegt es ja an der Theologie selbst, dass sie ein Interesse auf Seiten der Kunst nicht zu wecken vermag. Vielleicht verkauft sie sich schlecht, oder - grundsätzlicher - sie weiß nicht einmal selbst, weshalb Künstler ein Interesse an ihr zumindest haben sollten." Mit dieser selbstbewussten Frage, die unmissverständlich die eigene Bringschuld auf die Tagesordnung setzt, katapultiert sich Kunst und Kirche - in gewohnter Weise möchte man anfügen - aus dem Schmollwinkel in die Position eines ebenbürtigen Gesprächspartners. Daher darf man sich viele weitere Hefte wünschen.

KUNST UND KIRCHE

Hg. Inst. für Kirchenbau und kirchliche Kunst der Gegenwart der Univ. Marburg, Diözesan-Kunstverein Linz, Inst. für Kunstwissenschaft und Philosophie, Kath.-Theol. Privatuniversität Linz

Springer Verlag, Wien. www.springer.at Erscheint vierteljährlich. Einzelheft: € 11,-, Abo: € 35,- plus Versandkosten.

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