Unter den Hardlinern

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Mit seinem strikten Nein zum Schuldenerlaß hat Österreich wieder eine Chance vertan, international zu punkten.

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Mit seinem strikten Nein zum Schuldenerlaß hat Österreich wieder eine Chance vertan, international zu punkten.

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Das erste Gipfeltreffen zwischen der Europäischen Union und 52 afrikanischen Staaten in Kairo in der vergangenen Woche hat die Lösung des Schuldenproblems wieder nicht ernsthaft in Angriff genommen. Besonders die Vertreter Österreichs, des viertreichsten EU-Mitglieds, haben die afrikanischen Forderungen nach Schuldenerlaß strikt zurückgewiesen, weil "bei diesem enorm hohen Betrag momentan keine europäische Regierung diese Frage diskutieren könne". Vor allem müßten zuerst gewalttätige Konflikte, Menschenrechtsverletzungen und Korruption als wesentliche Hindernisse für gute Regierungsführung beseitigt werden.

Keine Frage, daß dies kritikwürdige Entwicklungshindernisse sind, an denen aber gerade manche Industrieländer nicht unbeteiligt sind. Die Krokodilstränen über die mangelnde "good governance" (saubere Verwaltung) und die hohe Gesamtverschuldung von 350 Milliarden US-Dollar der afrikanischen Länder können aber nicht darüber hinwegtäuschen, daß der politische Wille der meisten Gläubigerländer fehlt, eine durchdachte gemeinsame Entschuldungsstrategie zu erarbeiten. Und das, obwohl das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP) warnt, daß die Zahl der Menschen in extremer Armut ohne konzertierte Bemühungen bis 2015 auf 1,9 Milliarden steigen könnte.

Angesichts solcher Möglichkeiten genügt es sicher nicht, Studiengruppen einzusetzen und die Halbierung der Armut in Afrika bis 2015 in Aussicht zu stellen. Dies scheinen einige Staaten auch erkannt zu haben: Die USA haben ihre Forderungen an afrikanische Staaten bereits im Vorjahr erlassen, Frankreich hat den Erlaß der bilateralen Schulden der ärmsten Länder angekündigt, Deutschland will 350 Millionen US-Dollar von 30 Ländern über die nächsten drei Jahre erlassen.

Wieso sich dann gerade die österreichischen Regierungsvertreter zu ungefragten Sprechern der Europäischen Union aufschwangen und die Unmöglichkeit eines Schuldenerlasses betonten, ist unverständlich. Dabei wäre es trotz der derzeitigen Budgetprobleme machbar gewesen, zumindest symbolisch durch einen Schuldenerlaß für das von Überschwemmungen heimgesuchte Mosambik international zu punkten. Nach den Vereinbarungen im Pariser Club über die 240 Millionen Schilling Schulden Mosambiks gegenüber Österreich hätte dies für Österreich nur eine zusätzliche Mehrbelastung von 26 Millionen Schilling bedeutet!

Österreich gehört im Pariser Club zu jenen fünf Gläubigerländern, die nicht die Schulden erlassen, sondern (im Falle Mosambiks) 90 Prozent der Schulden mit 0,0001 Prozent Zinsen und einer einmaligen Rückzahlung nach 60 bis 350 (!) Jahren "umschulden". Angesichts der niedrigen Zinsen und der langen Rückzahlungszeiten ist nicht auszuschließen, daß die Verwaltungskosten für Österreich (und Mosambik) höher sind als die eventuellen Schuldenrückzahlungen. Ob dies dem Grundsatz einer effektiven und verantwortungsvollen Verwaltung entspricht, darf angezweifelt werden. Fazit: Wer schon im Glashaus sitzt, soll nicht noch mit Steinen werfen.

Der Autor ist entwicklungspolitischer Konsulent der Österr. Bischofskonferenz für internationale Entwicklung und Mission.

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