Urteile im Schnelldurchlauf

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Gerichtsgebäude sehen die meisten Menschen am liebsten von außen, schließlich sei man, heißt es, vor Gericht und auf hoher See in Gottes Hand. Also schaut man lieber aus einiger Entfernung zu, wie es anderen im Kampf um ihr Recht ergeht.

In "Schauplatz Gericht" bietet ORF 2 mit erfreulich wenig Sensationsgier diese Möglichkeit. Vergangenen Freitag etwa widmete sich Peter Resetarits den Sachverständigen und ihren Gutachten. Haarsträubende Fehler schleichen sich da offenbar mitunter ein, wie ein Vater am eigenen Leib erfahren musste, der aufgrund eines Gutachtens und des darauf aufbauenden Urteils jahrelang als Kinderschänder gebrandmarkt war. Inzwischen wurde in einem eigenen Verfahren die Unrichtigkeit dieser Behauptung festgestellt.

Aber so eindeutig falsch sind Entscheidungen meist ebenso wenig, wie andere eindeutig richtig sind. Dann stellt sich ein unlösbares Problem: Hunderte Aktenseiten müssen in zehnminütige TV-Beiträge umgewandelt, komplexe juristische Zusammenhänge in wenigen Sätzen erklärt werden. Wie nahe das vermittelte Bild der Realität kommt, lässt sich kaum beurteilen. Die Richter äußern sich nie, die gegnerischen Parteien selten, obwohl Resetarits offenbar stets beiden Seiten die Möglichkeit zur Stellungnahme gibt.

Doch weigert sich eine Partei, vor die Kamera zu treten, sitzt der Zuseher in der gedanklichen Falle: "Die eine Seite hätte sich wohl nicht an den ORF gewandt, wenn ihre Behauptungen unwahr wären. Und der Gegner würde die Fragen der Journalisten beantworten, wenn er nichts zu verbergen hätte."

Dass schlicht auch der Unwille, sich der Medienöffentlichkeit auszuliefern, hinter der Ablehnung stecken könnte, bedenkt man nicht. Und ergreift Partei, ohne zu wissen, was in hunderten Aktenseiten verborgen bleibt.

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