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Der großartige dänische Dogma-Film "Open Hearts" von Susanne Bier erzählt eine schicksalshafte Tragödie voll menschlicher Anteilnahme und psychologischer Genauigkeit.

Der Verzicht auf das Ausleuchten des Sets, auf kunstvolle ästhetische Arrangements, die Gleichzeitigkeit von Bild und Ton: diese und andere, auf größtmögliche Authentizität abzielende Regeln der Dogma-Filmer erzeugen unmittelbare, fast emotionale Nähe. Susanne Biers "Open Hearts" folgt einem Drehbuch von schicksalshafter Tragik. Dank der dokumentarhaften, fast beiläufig wirkenden Dogma-Ästhetik, hervorragenden Dialogen und herausragenden Darstellern wirkt der Film in jeder Sequenz berührend realistisch.

Ein schwerer Autounfall zu Beginn löst eine Lawine an Hilflosigkeit, verschütteten Konflikten, emotionalen Defiziten, Schuldgefühlen und unrealistischen Ansprüchen aus. Cecilie (Sonja Richter) und Joachim (Nikolaj Lie Kaas) schweben im siebten Liebeshimmel, wollen heiraten und ihr Wohnungsnest bauen. Zärtliches Geknutsche zum Abschied an der Autotür, dann lautes Krachen, panische Suche nach dem Handy: Joachim wurde von einem Auto überfahren. Marie (Paprika Stehen) hatte mit ihrer adoleszenten Tochter Stine (Stine Bjerregaard) gestritten, war zu rasch, nicht ganz konzentriert am Steuer ...

Das Schicksal ist schneller, als man schauen kann, es kennt kein Augenmaß. Stine hat am selben Tag Geburtstag, Marie quälen Schuldgefühle, trotz Schokoladetorte kommt keine unbeschwerte Stimmung auf. Der verständnisvolle Gatte Niels (Mads Mikkelsen), selbst Arzt, versucht zu beruhigen.

Schnitt: Die einsame Cecile inmitten der trostlosen, monotonen Architektur des Krankenhauses. Fertigteile, kalte Farben, Hochtechnologie-Medizin, rundherum Nacht. Joachim überlebt, ganz gelähmt, abhängig von Krankenschwester Hanne (Birthe Neumann), die ihn füttert und ihm beim Urinieren hilft. Im Gegensatz zur professionellen Direktheit der anderen Ärzte zeigt Niels Anteilnahme mit Cecile. Sie klammert sich anfangs an die Illusion, Joachim weiter lieben zu müssen. Der reagiert rasend, abweisend, verbittert auf ihre unrealistisch-bemühte Sentimentalität. Haltsuchend flieht sie in Niels Arme.

"Open Hearts" verschleiert nichts, folgt seinen hervorragenden Darstellern psychologisch genau auf ihren Grenzgängen, begleitet sie durch emotionale Höhen und Tiefen. Von der Fragilität scheinbar sicherer Beziehungen, der Unberechenbarkeit menschlicher Gefühle, dem Unvermögen, mit Unvorhersehbarem umzugehen, erzählt dieser Film. Die teils verschwimmenden Konturen, das bewegte Handkamera-Bild, das ungeschönte, unmittelbare emotionale Spiel: Besser als im Dogma-Stil lässt sich die Brüchigkeit des Lebens nicht zeigen.

OPEN HEARTS - Esker dig for evigt

Dänemark 2001. Regie: Susanne Bier. Mit Sonja Richter, Nikolaj Lie Kaas, Mads Mikkelsen, Paprika Stehen, Stine Bjerregaard, Birthe Neumann,Nils

Olsen. Verleih: Polyfilm. 113 Min.

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