Von "Sau gut" bis "Voll stark"

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Der ORF reformiert sein Kinder-TV-Programm - und setzt dabei ganz auf die Expertise von Thomas Brezina. Und der "Kasperl"? Der bleibt. Gott sei Dank.

Jetzt ist die Wildsau aus dem Sack. Die violette Wildsau. Franz Ferdinand soll sie heißen und in einer Sendung namens "Sau gut" soll sie die Hauptrolle einnehmen. Die Rede ist vom Nachfolger Confettis als Galionsfigur des neuen ORF-Kinderprogramms, das vergangene Woche im burgenländischen Breitenbrunn präsentiert wurde und unter dem Titel "Okidoki" laufen wird. "Sau gut" wird eines der Hauptelemente sein, zusammen mit einem Team aus zwölf Kindern soll das lilafarbene Wildschwein Franz Ferdinand, das aus der Werkstatt von Muppets-Schöpfer Jim Henson stammt, ein breites Themenspektrum von Kreativtipps über Wissensclips bis hin zu Mitmach-Aktionen bieten.

Vom Muppets-Schöpfer

Koordiniert wird das neue Kinderprogramm von jenem Mann, der vor 14 Jahren das Ruder ans gelbe Zottelvieh Confetti übergeben hatte: Thomas Brezina. Er selbst soll kaum mehr auf dem Bildschirm in Erscheinung treten als bisher. Er wird weiterhin den "Forscherexpress" und "Tom Turbo", der zum "Tom Turbo Detektivclub" ausgeweitet wird, moderieren, sowie den Nachfolger der Quizshow "Drachenschatz", der unter dem Titel "Die Rätsel des Pharao" die Kinder in das alte Ägypten entführen soll. Für die Leiterin der Medienpädagogischen Beratungsstelle an der NÖ Landesakademie in Baden, Ingrid Geretschlaeger, ist das zu viel. Der ORF gestehe Brezina eine ungeheure Machtfülle zu und begebe sich damit in ein Abhängigkeitsverhältnis, das weder von den verantwortlichen Sendungsmachern und Akteuren im ORF noch von den Gebührenzahlern akzeptiert werden könne. "Man kann kein vielfältiges Programm anbieten, wenn alles aus einer Feder kommt."

Ebendiese Sendungsmacher sehen das freilich anders. Während der Präsentation in Breitenbrunn wird der Autor des Öfteren als Mastermind hinter dem neuen Kinderprogramm angepriesen. Der Ort für die Präsentation ist übrigens keinesfalls zufällig, sondern im Gegenteil Drehort für die ersten 13 Folgen eines weiteren Herzstücks des neuen Kinderprogramms namens "Voll Stark".

Im Zentrum des neuen Formats steht die exzentrische und augenscheinlich sehr bunte Familie Hopper. Die Sendung soll Kinder auf spielerische Art zu gesünderem Leben animieren. Also werden beispielsweise Musikclips zum Mittanzen geboten oder gesunde Rezepte, die allerdings auch Spaß machen und gut schmecken sollen. Für Geretschlaeger zwar keine neue Idee, weil von der BBC abgeschaut, aber immerhin ein Schritt nach vorn. Gänzlich unglücklich ist die Medienpädagogin also angesichts der Änderungen nicht. "Man sieht zumindest, dass sie sich Gedanken gemacht haben, und vielleicht den einen oder anderen langjährigen Kritikpunkt endlich berücksichtigen." Auch jene Formate, die aus dem alten Programm erhalten bleiben, sind laut Geretschlaeger "eh ok". Gemeint sind die schon erwähnten "Tom Turbo" und "Forscherexpress", die traditionsreiche Quizshow "1,2 oder 3", "Helmi", "miniversum", sowie das Urgestein des heimischen Kinderprogramms, der "Kasperl", auch wenn dieser mit "Servus Kasperl" ein neues Rahmenprogramm erhält.

Was die neuen Formate betrifft, neben den bereits erwähnten die Karaokesendung "Freddy und die Wilden Käfer" mit dem Komponisten Freddy Gigele, eine noch namenlose Infotainment-Show und die Nachrichtensendung "W?W?W?", die es in nationaler und internationaler Version geben wird, lässt sich Geretschlaeger noch nicht zu einem Kommentar hinreißen. In den letzten Jahren hätte der ORF immer wieder Verbesserungen versprochen, in der Umsetzung aber letztlich versagt. "Die Ideen sind gut, den Rest beurteile ich, wenn ich es gesehen habe", so Geretschlaeger.

Pädagogen nicht gefragt

Seitens des ORF ist man natürlich trotz skeptischer Expertenmeinungen überzeugt vom neuen Weg, zumal das Verhältnis zwischen ebendiesen Experten und den Fernsehmachern nicht das allerbeste ist. So wünscht sich Geretschlaeger vom ORF seit Jahren "die Bereitschaft, pädagogische Konsulenten einzusetzen". Genau das will Unterhaltungschef Edgar Böhm aber nicht. "Wir könnten uns mit so genannten Experten kurzschließen und ein Programm nach deren Vorstellung machen. Dann würde es denen gefallen, aber den Kindern nicht mehr." Der ORF verlässt sich also ganz auf die Expertise von Thomas Brezina und auf die seiner hausinternen Programmmacher. Der Erfolg des neuen Kinderprogramms wird wohl an den Quoten gemessen werden - ob es abgesehen davon auch für die Kinder das richtige ist, wird wohl auch weiterhin eine strittige Frage bleiben.

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