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Die Netzkulturinitiative "(Public) Netbase" erhielt zum letzten Mal eine Subvention - fürs Zusperren.

Einfach war es nie in all den Jahren. Doch nun scheint für Netbase - seit der Neugründung im September 2005 firmiert die Medienkultur-Institution ohne das vorangestellte Public - der letzte Vorhang gefallen zu sein. Der Wiener Gemeinderat hat vor zwei Wochen eine Subvention in Höhe von 219.000 Euro für die "Entschuldung und Auflösung" von Netbase bewilligt. Das Ende kommt trotz der ständigen Probleme überraschend. Denn Netbase hat eine allgemein anerkannte internationale Reputation erreicht.

In den Anfängen der Internet-Ära konnten sich Künstler bei Netbase erstmals mit der neuen Technologie auseinander setzen. Seminare und Workshops sollten Kulturschaffenden, Jugendlichen und Interessierten Kenntnisse über die Möglichkeiten des neuen Mediums nahebringen. Netbase wurde aber auch nicht müde, auf die Gefahren des Cyberspace hinzuweisen, die sich unter dem Stichwort "Überwachungsgesellschaft" zusammenfassen lassen. In den vergangenen Jahren hat die SPÖ immer wieder auf die Bedeutung dieser Netzkultur-Initiative hingewiesen.

Erst Preis, dann Zusperren

Im Jahr 2000 freute sich Netbase noch über den Preis der Stadt Wien für herausragende Leistungen. Und Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny ließ verlauten, es würde ihm "Leid tun", wenn es zur Auflösung kommen würde. Umso überraschender ist es, dass die Stadt Wien zuschaut, wie eine erfolgreiche Institution zusperren muss. Oder doch nicht?

"Wir wurden gezwungen, nicht mehr weiterzumachen", sagt Konrad Becker. Der Netbase-Leiter berichtet von einem Treffen mit Mailath-Pokorny im Februar 2006, bei dem der Kulturstadtrat offenbar folgenden Vorschlag unterbreitete: Die Stadt Wien übernehme die ausstehenden Verbindlichkeiten, im Gegenzug dürfe Netbase nicht mehr um eine Kunstförderung ansuchen. Becker hat dafür folgende Erklärung: "Solange wir auf den Schüssel eingeschlagen haben, war das für die Stadt in Ordnung. Aber die Unsicherheit bei SPÖ nahm zu, als sie erkannt hat, dass hier unabhängige Akteure am Werk sind."

Nach dem Regierungswechsel 2000 war Netbase zu einer kritischen Plattform der ÖVP-FPÖ-Koalition avanciert und hatte verschiedenste Projekte, wie die VolXtheaterkarawane. Der Bund kürzte seine Basisförderung für Netbase um 60 Prozent. Kulturstaatssekretär Franz Morak habe lange versucht, die Weiterexistenz von Netbase zu verunmöglichen, so Becker. Damals sprang die Stadt Wien zur Seite und verdreifachte ihre jährlichen Budgetmittel. Netbase-Geschäftsführer Martin Wassermair meint, dass die Online-Orientierungshilfe wahlkabine.at bei einigen SPÖ-Exponenten auf Unmut gestoßen sei: "Als wäre es unsere Schuld, dass Gusenbauer 2002 die Wahlen verloren hat."

Ist Netbase für die Stadt im Laufe der Jahre zu kritisch geworden? Aus dem Büro des Kulturstadtrats kommt ein Dementi. "Netbase hat selbst entschieden, sich aufzulösen", so Pressesprecherin Gerlinde Riedl. Die Stadt Wien habe immer wieder die Schulden übernommen. "Aber das kann doch nicht ewig so weitergehen." Außerdem wäre es gegenüber anderen Gruppen der Netz-Szene nicht fair, nur Netbase zu fördern.

"Netbase hat Pionierarbeit geleistet, aber das wird jetzt nicht mehr gebraucht". Grünen-Gemeinderatsabgeordnete Marie Ringler, die selbst bei Netbase aktiv war, schränkt ein: "Es ging bei den Schulden immer um überschaubare Beträge. Andere Institutionen, wie das Theater in der Josefstadt, weisen ein viel höheres Defizit aus." Es wäre eine Bankrotterklärung der Stadt, wenn sie Kritik nicht verträgt. Dass jetzt auch andere Netz-Initiativen gefördert werden, sieht Ringler positiv. "Aber jede Szene braucht Kristallisationspunkte, sonst droht die Provinzialisierung."

Neid-Fördermodell?

Seit kurzem gibt es ein neues Fördermodell, das auch anderen Netzaktivisten Zugang zu Fördermitteln gewähren soll. Mittels eines Computerprogramms werden die Subventionen vergeben, wobei die Bewerber die Arbeit ihrer Kollegen bewerten. Die Netbase-Betreiber haben diese Idee von Anfang an kritisiert. "Zweck und Ausrichtung des Modells sind offensichtlich", ärgert sich Wassermair. Die verschiedenen Initiativen würden untereinander ausgespielt. "Wenn man ständig hört, man könne sie nicht fördern, da das ganze Geld Netbase bekommt, wird der Neid geschürt," ergänzt Becker. Durch das neue Modell sei eine anständige und für eine internationale Ausrichtung notwendige Basisfinanzierung nicht mehr gewährleistet. Netbase habe keine Wahl mehr gehabt, der Beschluss der Auflösung sei unausweichlich gewesen. "Wir werden aber den Kopf nicht in den Sand stecken. Die Wahlen im Herbst könnten zu neuen Rahmenbedingungen führen", sagt Becker kämpferisch.

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