Wildernde Multiplexe

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Arthaus-Kinos - Lichtspieltheater, die sich der Kunst "Film" verschrieben haben: Krisenfester als der Mainstream, gefährdet durch Überangebot.

Im Jahr 2003 gingen in Österreich 17,7 Millionen Menschen ins Kino, das ist ein schmerzliches Minus von acht Prozent gegenüber 2002. Immerhin: 1998 war jeder Österreicher im Schnitt 1,9 Mal im Kino, 2003 schon 2,2 Mal. Die deutschen Nachbarn gingen 2002 nur 2,0 Mal ins Kino - ein kleiner Vorsprung, der allerdings beim Marktanteil des einheimischen Films wieder wettgemacht wird: 11,9 Prozent der Deutschen lieben den deutschen Film, in Österreich macht der Marktanteil des heimischen Films weit unter zehn Prozent aus. Genaue Zahlen liegen erst Mitte März vor, aber Kurt Kaufmann vom Fachverband der Lichtspieltheater schätzt den Marktanteil auf "sieben bis acht Prozent. 70 Prozent der Besucher gehen in Blockbuster-Filme."

Arthaus-Konkurrenz

Anspruchsvolle Filme haben's eben schwer an der Kinokasse, und doch gibt es auch in Österreich eine rege Verleih- und Kinoszene, die so genannte "Arthaus-Filme" zeigen - und davon leben. Michael Stejskal vom Verleih "Filmladen", der zusätzlich die Wiener Kinos Votiv und De France bespielt: "Immer mehr Kinos drängen in das Arthaus-Marktsegment. Vor ein paar Jahren gab es nicht viele Programmkinos in Wien, heute sind mit Gartenbau, Burg-Kino oder Top einige neue hinzu gekommen". Den Kinogänger freut's, wenngleich die Qualität unter dem neuen Überangebot zu leiden beginnt. Hans König vom Verleih Polyfilm und Betreiber des Wiener "Filmcasino": "Es gibt nur eine begrenzte Zahl an qualitativ hochwertigen Filmen pro Jahr". Besonders ärgert König, dass das "Gartenbau" von der Stadt Wien hoch subventioniert wird, während sein Filmcasino "nur die allgemeine Förderung bekommt".

Unübersichtlicher Markt

Wie auch immer: Das Kernproblem ortet Wolfgang Steininger vom Linzer Moviemento-Kino im Überangebot: "Die Qualität unserer Arbeit leidet unter dem Überangebot. Früher haben wir einen Film pro Woche gestartet, den man umfassend bewerben konnte. Heute sind es oft drei, vier Filme pro Woche. Wer soll da noch ordentlich Werbung machen?"

"Für den Besucher wird der Markt zunehmend unübersichtlich", findet auch Stejskal. "Immer mehr mittelmäßige Filme kommen auf den Markt, werbliche Akzente sind für uns - mit limitiertem Budget - schwer zu setzen. Im Prinzip machen wir Programmkinoveranstalter heute dasselbe wie die großen Multiplexe: Wir spielen fünf Filme zur gleichen Zeit in zwei Sälen, weil wir halt auch keine Filme versäumen' dürfen. Einen Film wie Lost in Translation' muss man eben zeigen." Um jeden Besucher wird also auch im Programmkino-Bereich beinhart gekämpft.

Finanziell wird es eng: "Das Filmcasino kann sich keine gedruckten Filmprogramme mehr leisten", berichtet Hans König. "Immer mehr Multiplexe wildern im Arthaus-Revier und spielen anspruchsvolle Filme, weil sie Programm für ihre zahllosen Säle brauchen", meint Wolfgang Steininger. Finanziell reicht es zwar für das Tagesgeschäft, "Investitionen in die Infrastruktur sind aber unmöglich geworden".

Wenigstens können sich die Programmkinobetreiber auf ein Stammpublikum verlassen, "das es bei den Multiplexen eher weniger gibt", meint Stejskal. "Aber sonst trifft auch die Programmkinos die gleiche Entwicklung wie die Multiplexe: Die Luft wird zunehmend dünner." Matthias Greuling

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