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Das Filmarchiv Austria will beim Wiener Augarten bauen. Die Sängerknaben auch. Platz ist nur für ein Projekt. Eine Lösung scheint nicht in Sicht.

Seit Wochen ist es Thema in den Feuilletons und auf den Kulturseiten: Der Augartenspitz, ein Grundstück beim Augarten im zweiten Wiener Gemeindebezirk, ist Objekt der Begierde zweier Kulturinstitutionen. Sowohl die Sängerknaben als auch das direkt benachbarte Filmarchiv Austria wollen auf dem Gelände bauen. Beide Projekte sind von privaten Sponsoren durchfinanziert. Der geplante Bau der Sängerknaben liegt bereits seit Wochen unterschriftsreif bei der Burghauptmannschaft, die über die Vergabe entscheiden muss. Das Filmkulturzentrum ist zwar ebenfalls fertig geplant, doch erst vor kurzem eingereicht worden.

Kompromiss bleibt fraglich

Dass im Augarten um Platz gestritten wird, hat schon fast Tradition: Ob Schule, Sportplatz oder eben jetzt Konzertsaal oder Filmkultur - diverse Bürgerinitiativen möchten die Verbauung des historischen Areals verhindern. Bei einer stark frequentierten Bürgerversammlung Anfang Mai wurde wieder deutlich: Viele Anrainer hoffen nach wie vor darauf, dass der Augartenspitz ganz ohne weitere Bebauung bleibt, oder auf ein Kulturzentrum, das beide Institutionen beherbergen kann. Ein gemeinsames Gebäude war schon in Planung, scheiterte aber am Denkmalamt, das auf der fraglichen Fläche nicht genügend Bauland freigibt.

Das Filmkulturzentrum soll zwei Kinosäle, Ausstellungsflächen sowie eine Freiluftkino-Tribüne umfassen und gemeinsam mit Viennale und Stadtkino genützt werden. Im Konzertgebäude der Sängerknaben sollen neben einem Konzertsaal auch Räumlichkeiten für das Wiener Kindertheater Platz finden. Eine Öffnung des Areals nach außen ist bei beiden Projekten geplant.

Von Seiten der Viennale versucht man, möglichst viele Stimmen aus der Kulturszene für sich zu gewinnen. Im Gespräch ist ein offener Brief, den Documenta-Intendant Roger Bürgel an Kulturministerin Claudia Schmied verfassen soll. Das hat der Verband der Filmschaffenden schon vorgemacht, der die Ministerin Anfang Mai zur Stellungnahme aufgefordert hat: "Wir möchten an Sie appellieren, sich für die Kunst des 21. Jahrhunderts, für eine urbane und lebendige Filmkultur, für ein zukunftsgerichtetes Projekt einzusetzen - und die Realisierung des Filmkulturzentrums im Augarten zu ermöglichen." Nach wie vor gibt es aus Schmieds Büro kein offizielles Statement. Doch "dass im Wirtschaftsministerium kulturpolitische Entscheidungen getroffen werden, kann nicht sein", stellte ein Anrainer bei der Bürgerversammlung fest. Tatsächlich liegt die Entscheidung letztlich bei Wirtschaftsminister Bartenstein, der für die Gründstücksvergabe verantwortlich ist. Mittlerweile soll es allerdings bereits Gespräche zwischen Bartenstein und Schmied geben. Man hofft auf einen Kompromiss.

In den nächsten Wochen ist erstmals ein Treffen mit allen Beteiligten angesetzt. Noch ist nicht fix, wer sich dabei an einen Tisch setzen wird. Geladen werden Eugen Jesser, Chef der Sängerknaben, und Ernst Kieninger, Chef vom Filmarchiv Austria. Weitere Protagonisten sind die Privatstiftung Pühringer, die die Sängerknaben finanziert, außerdem Viennale-Intendant Hans Hurch. Vertreter aus dem Kulturministerium, aus dem Wirtschaftsministerium und wohl auch von Bundesdenkmalamt und Burghauptmannschaft müssen mitdiskutieren.

Ob ein solches Gespräch allerdings konstruktiv sein kann, ist ungewiss. Denkbar wäre derzeit nur ein Machtwort, das einem der Projekte einen Platz außerhalb des fraglichen Geländes zuweist. Für den "Konzertkristall" war bereits einmal ein Grundstück am ehemaligen Nordbahnhof im Gespräch, das aber die Sängerknaben aus logistischen Gründen abgelehnt haben. Für das Filmarchiv scheint eine Ablehnung ihres Projekts am Augartenspitz ein Aus für das Filmkulturzentrum zu bedeuten. Zwar wurde im Vorfeld geprüft, ob eines der vielen ehemaligen Kinos in der Leopoldstadt zur Verfügung steht. Doch dort sind fast überall Supermärkte eingezogen.

Kanzler eingeschaltet

Aus dem Büro von Minister Bartenstein ist ein Schreiben an Bundeskanzler Alfred Gusenbauer gegangen, in dem um seine Meinung gebeten wird. Gusenbauer wird keine Entscheidung fällen, doch dass er nun involviert wird, zeigt, wie unentschieden die Lage tatsächlich ist. Abzuwarten bleibt, was das "Leitbild Augarten" ergibt. Ein solches Leitbild soll in Zusammenarbeit mit allen Institutionen, Initiativen und der Politik für den Augarten entstehen, um weitere Streitigkeiten zu verhindern. Das Leitbild wäre zwar nicht bindend, doch bei der Bürgerversammlung haben beide Streitparteien mehr oder minder zähneknirschend zugestanden, sich an das Ergebnis zu halten. Ob es in naher Zukunft einen Konsens gibt, ist aber ebenso fraglich.

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